Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 153
Die Aspekte der Organisation und des Arbeitsablaufes werden sinnvollerweise gemeinsam behandelt, da der Arbeitsablauf eine unmittelbare Folge der Organisation ist. Auszugehen ist davon, dass der Arbeitgeber eine grundsätzliche und verfassungsrechtlich garantierte Organisationsfreiheit in seinem eigenen Unternehmen hat. Unter Organisationskonzept ist das tatsächlich durchgeführte Konzept zu verstehen, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll. Der Arbeitgeber hat vorzutragen, inwieweit sein unternehmerisches Konzept während der Elternzeit tatsächlich beeinträchtigt worden ist oder welche konkreten Störungen bei dauerhafter Fortführung der in der Elternzeit geübten Verteilungspraxis zu erwarten sind.
Rz. 154
Wie die unternehmerische Entscheidung ist auch die Organisationsentscheidung als deren Unterfall unmittelbarer Ausfluss der grundrechtlichen Freiheitsausübung und als solche von der Arbeitsgerichtsbarkeit nur begrenzt überprüfbar. Eine Zweckmäßigkeitskontrolle findet nicht statt.
Rz. 155
Überprüfbar ist die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers jedoch daraufhin, ob sie lediglich vorgeschoben oder zum Nachteil des Anspruchsinhabers behauptet wird. Die Organisationsentscheidung kann weiterhin auch daraufhin geprüft werden, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers ist vergleichbar mit seiner unternehmerischen Entscheidung und unterliegt somit nur eingeschränkter Überprüfung. Mit der Anerkennung eines Organisationskonzepts ist jedoch noch nicht ausreichend geklärt, ob dieses Organisationskonzept auch tatsächlich in der Weise durchgeführt wird, dass der Arbeitsplatz unteilbar ist.
Rz. 156
Insbesondere die Überprüfbarkeit der Organisationsentscheidung, insgesamt nur Vollzeitarbeitskräfte einzusetzen, ist gerichtlich umstritten. Bei hinreichender Darlegung der betrieblichen Organisation kann ein solches Konzept aber tragfähig sein, z.B. wenn der Arbeitgeber substantiiert darlegt, dass und warum er in einem Vollschichtsystem arbeitet, das Teilzeitstellen ausschließt. Gegenstand des Organisationskonzeptes kann die Entscheidung sein, ob für bestimmte Arbeiten ausschließlich Vollzeitkräfte eingesetzt werden sollen. Je näher aber das behauptete unternehmerische Konzept an die Entscheidung, keine Teilzeitbeschäftigung zuzulassen, heranrückt, umso höher sind die Anforderungen an die Darlegung dieses Konzepts. Die Organisationsentscheidung, aufgrund eines zugrunde liegenden pädagogischen Konzepts eine Rundumbetreuung von Kindern in einem Kinderhort sicherstellen zu wollen, ist zu akzeptieren. Selbst wenn eine entsprechende Organisationsentscheidung getroffen wurde und diese auch durchgeführt wird, ist zu prüfen, ob dieses Konzept durch die Abweichung aufgrund des Teilzeitverlangens wesentlich beeinträchtigt würde. Ist z.B. nicht erkennbar, in welchem zeitlichen Umfang ad-hoc-Gespräche anfallen und ob sie nicht vielmehr eine Ausnahme bei der Beratertätigkeit darstellen, so kann dies gegen eine wesentliche Beeinträchtigung sprechen. Ein Bankkunde, der zu einem vorher nicht vereinbarten Zeitpunkt erscheint, kann nicht damit rechnen, sofort beraten zu werden. Vielmehr muss er sich gedulden, bis der Berater die vorher vereinbarten Besprechungstermine wahrgenommen hat. Schon von daher muss eine Terminvereinbarung zwischen dem Kunden und dem Berater als vorrangig gelten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Bankgeschäfte regelmäßig keine sofortige persönliche oder auch telefonische Beratung erfordern. Das BAG hat es daher nicht für nachvollziehbar gehalten, inwiefern nicht andere Kundenberater oder die bereits beschäftigten Teilzeitkräfte den Anruf eines Kunden entgegennehmen können mit der Erklärung, der Teilzeitbeschäftigte werde am nächsten Tag zurückrufen, oder ggf. anhand eines Terminkalenders der Klägerin sogar einen Besprechungstermin des Kunden mit ihm vereinbaren. Dem Anspruch auf Arbeitszeitverringerung kann ein betriebliches Organisationskonzept, welches die gerechte Verteilung von Urlaubs- und Freizeitwünschen der Arbeitnehmer beinhaltet, als betrieblicher Grund im Sinne von § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG entgegenstehen.
Rz. 157
Die vollzeitige Anwesenheit eines Arbeitnehmers kann z.B. eine bestimmte Art der Kundenbindung oder auch eine notwendige eigenhändige Auftragsbearbeitung bei gleichzeitiger enger zeitlicher Bindung begründen. Die Entscheidung einer Bank hingegen, im Interesse der Kundennähe in Zukunft auf allen Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt den Teilzeitbegehren der Mitarbeiter nicht mehr stattzugeben, stellt allein keinen entgegenstehenden "betrieblichen Grund" i.S.d. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG dar. Insbesondere bei Positionen, in denen Mitarbeiterverantwortung ausgeübt wird, kann die notwendige Flexibilität die Möglichkeit der Teilzeit hindern. Der pauschale Hinweis auf Schulungskosten ist kein entgegenstehender betriebliche...