Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 175
§ 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG zählt die vorgenannten betrieblichen Gründe lediglich in Gestalt von Regelbeispielen auf. Dies schließt nicht aus, dass weitere Gründe als anspruchsausschließend in Betracht kommen. Die Aufzählung des Gesetzgebers ist nicht abschließend.
Rz. 176
In der Literatur werden exemplarisch der Mangel an Ersatzarbeitnehmern und die im Hinblick auf die Teilzeitquote bestehende Überforderung des Unternehmens genannt.
Rz. 177
Die Unmöglichkeit, eine dem Berufsbild des dann Teilzeit arbeitenden Arbeitnehmers entsprechende zusätzliche Arbeitskraft zu finden, ist anerkanntermaßen ein sonstiger betrieblicher Grund. Der Arbeitgeber hat die Suche jedoch nicht nur auf die innerbetriebliche Suche zu beschränken. Er muss sich vielmehr auch mit der zuständigen Arbeitsagentur in Verbindung setzen und nachfragen, ob ein Arbeitnehmer mit vergleichbaren Qualifikationen und entsprechender Arbeitszeit verfügbar ist. Ob zu verlangen ist, dass der Arbeitgeber eigenständig Zeitungsinserate schaltet, ist streitig. Richtigerweise muss es ausreichen, wenn der Arbeitgeber die letztlich auch durch ihn mitfinanzierte staatliche Arbeitsverwaltung in Anspruch nimmt. Unstreitig ist dagegen, dass der Arbeitgeber nicht auf Leiharbeitnehmer zurückgreifen muss.
Rz. 178
Möchte sich der Arbeitgeber auf die Unmöglichkeit, eine Ersatzkraft zu finden, berufen, so hat er die entfalteten Bemühungen und die von ihm an die Ersatzkraft in fachlicher und zeitlicher Hinsicht gestellten Anforderungen darzulegen und zu beweisen. Dabei darf der Arbeitgeber diejenigen Anforderungen stellen, die den Anforderungen an den auszufüllenden Arbeitsplatz entsprechen. Stellt der Arbeitgeber in seiner Stellenausschreibung diesbezüglich zu hohe Anforderungen und gelingt es ihm deshalb nicht, eine Ersatzkraft zu finden, so geht er des betrieblichen Grundes verlustig. Auch der bloße Hinweis des Arbeitgebers darauf, in der Vergangenheit Schwierigkeiten bei der Personalsuche gehabt zu haben, ist nicht ausreichend.
Rz. 179
Insgesamt ist dem Arbeitgeber zu raten, die Stelle nach gleichen Kriterien innerbetrieblich auszuschreiben und an die Agentur für Arbeit zu melden. Hierbei muss sorgfältig auf die Qualifikation des den Anspruch geltend machenden Arbeitnehmers und die Anforderungen an den Arbeitsplatz geachtet werden. Diesbezüglich sollte eine genaue Umschreibung an die Agentur für Arbeit gegeben werden. Weiterhin muss der potenzielle Kandidat bereit sein, die Zeit, die der den Anspruch ausübende Arbeitnehmer nicht mehr zur Verfügung stellt, aufzufüllen (Komplementärkraft). Bezeichnet die Arbeitsagentur die Vermittlungsaufgabe einerseits als "sehr schwierig", hält allerdings eine entsprechende erfolgreiche Vermittlung auch nicht für ausgeschlossen, sondern sogar für "durchaus möglich", ist nicht von einer den Zweifel unterdrückenden Gewissheit auszugehen, dass keine Ersatzkraft für die Tätigkeit der Klägerin zur Verfügung stünde.
Rz. 180
Hinweis
Die Rückmeldungen der Agentur für Arbeit sowie Inhalt und Ergebnis eventuell geführter Einstellungsgespräche sollte der Arbeitgeber sorgfältig dokumentieren und zu Beweiszwecken nachhalten.
Rz. 181
Möchte der Arbeitgeber gemeldete potenzielle Ersatzkräfte ablehnen, so sollte er darauf achten, dass die hierfür grundlegenden Kriterien nachvollziehbar sind. Zwar steht dem Arbeitgeber ein Auswahlermessen zu und die Entscheidung einen Bewerber nicht einzustellen, kann gerichtlich nur auf grobe Unsachlichkeit oder Willkür geprüft werden, jedoch konkurriert zu dieser Ermessensfreiheit die allgemeine Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines betrieblichen Grundes, die den Arbeitgeber trifft. Hierdurch ist der Arbeitgeber dann doch wiederum gezwungen, zumindest das Vorliegen von sachlichen und nicht willkürlichen Gründen darlegen zu können.
Rz. 182
Auch die Überforderung des Unternehmens kann ein sonstiger betrieblicher Grund sein. Wann eine solche Überforderung vorliegt, wird letztlich wieder eine Entscheidung im Einzelfall sein. Die Anknüpfung an die 5 %-Quote nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG ist möglich, alleine aber noch nicht hinreichend. Der Hinweis auf eine Vielzahl von Teilzeitkräften im Betrieb alleine beinhaltet nämlich keine Aussage dazu, warum es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, einem (weiteren) Teilzeitersuchen zuzustimmen. Die Überforderung kann dann aber unter Kostengesichtspunkten Berücksichtigung finden. Die Überschreitung einer festgelegten Quote von Teilzeitarbeitsverhältnissen im Verhältnis zu Vollzeitarbeitsplätzen kann einen entgegenstehenden betrieblichen Grund nach § 8 Abs. 4 S. 3 TzBfG konkretisieren. In einem solchen Fall genügt es, wenn der Arbeitgeber darlegt, dass die Quote überschritten ist. Eine wesentliche Beeinträchtigung braucht er darüber hinaus nicht vorzutragen. Die Festlegung einer sogenannten "Überforderungsquote" ist nach § 8 Abs. 4 S. 3 TzBfG den Tarifvertragsparteien – und nicht den Betriebsparteien – vorbehalten.