Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 183
Dem Wunsch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG können betriebliche Gründe entgegenstehen. Die betrieblichen Gründe sind nicht an den persönlichen Belangen, wegen derer Teilzeit beantragt wird, und deren Gewicht zu messen. Eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denen des Arbeitnehmers sieht das Gesetz nicht vor. Persönliche Belange sind in § 8 TzBfG nicht erwähnt.
Rz. 184
Es besteht kein Vorrang der Urlaubsgewährung gegenüber dem gesetzlichen Teilzeitanspruch, sodass die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer dem Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit nicht entgegengehalten werden können.
Rz. 185
Kann aus betrieblichen Gründen nicht den Wünschen mehrerer Arbeitnehmer auf Reduzierung der Arbeitszeit entsprochen werden, trifft der Arbeitgeber eine Entscheidung nach billigem Ermessen, bei der ausnahmsweise auch die Motive der Arbeitnehmer für die Arbeitszeitreduzierung beachtet werden können.
Rz. 186
Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer nicht entgegenstehen. Der Arbeitgeber darf sich bei der Interessenabwägung auf die ihm ohne Weiteres nachvollziehbaren persönlichen Umstände der Beschäftigten beschränken, ohne die familiären Verhältnisse in ihren Einzelheiten näher erforschen zu müssen. Das ist ihm schon aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre seiner Beschäftigten verwehrt. Zudem kann er regelmäßig nicht zuverlässig feststellen, welche Anstrengungen seine Mitarbeiter jeweils unternehmen bzw. unternehmen müssen oder können, um die Kinderbetreuung sicherzustellen. Dass es anderen Mitarbeiterinnen gelingt, ihre arbeitsvertraglichen und ihre familiären Pflichten miteinander zu vereinbaren, rechtfertigt es nicht, diese durch die vermehrte Zuweisung ungünstiger Schichten zusätzlich zu belasten und gegenüber einer alleinerziehenden Arbeitnehmerin zu benachteiligen.
Rz. 187
Die gesundheitlichen Interessen einer Mitarbeiterin finden im Rahmen der betrieblichen Gründe nach der gesetzlichen Konzeption des Verringerungs- und Neuverteilungsanspruchs in § 8 TzBfG keine Berücksichtigung.
Rz. 188
Die Neuverteilung der Arbeitszeit i.S.v. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG stellt, auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks, Teilzeitarbeit zu fördern, nur einen unselbstständigen Annex zum Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit dar. Der Verteilungsanspruch kann nur zusammen mit dem Anspruch aus § 8 Abs. 1 TzBfG geltend gemacht werden, nicht jedoch von Vollzeitbeschäftigten oder Arbeitnehmern, die aus anderen Gründen ihre Arbeitszeit reduziert haben. Eine wortsinnübersteigende analoge Anwendung ausschließlich der zweiten Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG auf Mütter mit Betreuungsbedarf scheitert bereits an einer unbewussten Regelungslücke. Nur ausnahmsweise kann der Arbeitgeber – unter Beachtung des Rücksichtnahmegebots aus § 241 Abs. 2 BGB – zur Vertragsanpassung verpflichtet sein, z.B. wenn anderenfalls eine dauerhafte Leistungsunmöglichkeit oder eine vergleichbare Notsituation auf Dauer droht. Ob eine Anordnung der Eingrenzung der Arbeitszeit auf bestimmte Arbeitszeiten billigem Ermessen entspricht, kann nur im konkreten Einzelfall unter umfassender Berücksichtigung der Interessen beider Arbeitsvertragsparteien sowie derer der übrigen Mitarbeiter beantwortet werden. Im Fall einer notwendigen Auswahlentscheidung sind die sozialen Belange sämtlicher betroffener Arbeitnehmer zu beachten.