Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 5
Der Anspruch nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet, mittels derer dem Verlangen des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit zugestimmt wird. Das Verlangen muss so konkret sein, dass der Arbeitgeber es mit einem einfachen "Ja" annehmen kann. Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung. Das Änderungsangebot (§ 145 BGB) muss dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Beginn der begehrten Arbeitszeitverringerung zugehen (§ 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG). Das Verlangen des Arbeitnehmers zur Zustimmung zu einer befristeten Reduzierung der Arbeitszeit stellt keinen Antrag i.S.d. § 8 Abs. 1, 2, 4 TzBfG dar. Dieser Antrag ist ohne weitere Anhaltspunkte nicht dahin auszulegen, dass eine unbefristete Reduzierung gewollt ist. Die Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 S. 2 TzBfG tritt daher auch ohne Reaktion des Arbeitgebers nicht ein. Zudem muss der Inhalt eines zwischen den Parteien zustande kommenden Änderungsvertrags feststehen. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer sein Änderungsangebot ausdrücklich als Teilzeitantrag bezeichnet. Der Arbeitnehmer soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit bei der Geltendmachung der Verringerung seiner Arbeitszeit und des Umfangs der Verringerung angeben, ist dazu aber nicht verpflichtet. Die Angabe eines Arbeitszeitrahmens, z.B. "20 bis 25 Wochenstunden" ist unwirksam. Der Anspruch ist nicht an eine Mindestreduzierung der Arbeitszeit gebunden. Zulässig ist grundsätzlich auch eine Verringerung nur um beispielsweise eine Stunde. Eine andere Frage ist, ob die Berücksichtigung betrieblicher Belange nicht außerhalb eines realistischen Reduzierungskorridors mit Regelmäßigkeit zu einer berechtigten Ablehnung des Teilzeitverlangens führen muss (vgl. Rdn 145 ff.).
Rz. 6
Anspruchsberechtigt sind alle Arbeitnehmer, gem. § 6 TzBfG auch solche in leitenden Positionen. Irrelevant ist, ob der den Anspruch geltend machende Arbeitnehmer vollzeit- oder teilzeitbeschäftigt ist. Insoweit greift das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer haben somit die Möglichkeit, den Anspruch auf (weitere) Reduzierung ihrer Arbeitszeit geltend zu machen. Der Anspruch nach § 8 TzBfG steht in Konkurrenz zu anderen Ansprüchen auf Herabsetzung der Arbeitszeit, beispielsweise § 15 BEEG und § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1 PflegeZG. Der Arbeitnehmer muss sich auf einen Anspruch beschränken. Dies ist entscheidend, da sich die Ansprüche hinsichtlich Voraussetzungen und Rechtsfolgen teils erheblich unterscheiden. Ist nicht ersichtlich, welche Anspruchsgrundlage durch den Arbeitnehmer gewählt wurde, gilt es den Antrag auszulegen.
Rz. 7
Auszubildende können den Anspruch nach § 8 TzBfG nicht geltend machen. Für sie gilt § 8 Abs. 1 S. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG), wonach bei berechtigtem Interesse die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit beantragt werden kann (Teilzeitberufsausbildung).
Rz. 8
In der Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 10.6.2021 wird die Umsetzung des § 8 Abs. 1 S. 2 BBiG konkretisiert:
Auf gemeinsamen Antrag des Ausbildenden (Betrieb) und des Auszubildenden hat die zuständige Stelle die Ausbildungsdauer gem. § 8 Abs. 1 BBiG/§ 27c Abs. 1 HwO zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Dauer erreicht wird.
Die Kürzung der Ausbildungsdauer soll möglichst bei Vertragsschluss, spätestens jedoch so rechtzeitig beantragt werden, dass noch mindestens ein Jahr Ausbildungsdauer verbleibt. Der Antrag muss gemeinsam von beiden Vertragsparteien (Ausbildender und Auszubildender) schriftlich bei der zuständigen Stelle gestellt werden. Bei Minderjährigen ist die entsprechende Zustimmung der gesetzlichen Vertreter erforderlich. Die Antragsteller müssen glaubhaft machen, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Dauer erreicht werden kann, z.B. durch Vorlage von (Berufs-)Schul- und Prüfungszeugnissen, Leistungsbeurteilungen, Berufsausbildungsverträgen und betrieblichen Ausbildungsplänen. Zur Teilzeitberufsausbildung gem. § 7a BBiG/§ 27b HwO hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung am 10.6.2021 eine gesonderte Empfehlung beschlossen.