Rz. 52
Wenn der Erbe auch Bevollmächtigter war, soll nach der einen Meinung die Vollmacht – wie auch der Auftrag – durch Konfusion erlöschen. Niemand könne Schuldner seiner eigenen Forderung sein. "Konfusion" bezeichnet die Vereinigung von Schuld und Forderung. Die Vertretungsmacht als "Rechtsmacht" passt nicht direkt unter diese Beschreibungen, was auch schon die dogmatischen Probleme andeutet. Nach anderer Ansicht könne die Vollmacht aber auch im Interesse des Rechtsverkehrs als weitergeltend angesehen werden.
Rz. 53
Wird der ersten Meinung gefolgt, müsste auch die Vollmacht für den bevollmächtigten Miterben mit dem Erbfall durch Konfusion erlöschen. Dagegen spricht aber, dass Rechtsnachfolger des Erblassers die Erbengemeinschaft ist. Vollmachtgeber müsste nach dem Erbfall die Erbengemeinschaft sein. Ein Zerfallen der Vollmacht in Einzelvollmachten würde dem Grundsatz der Universalsukzession widersprechen.
Das Zugrundelegen dieser Meinung hat insbesondere für die Haftung erhebliche Folgen: Für den bevollmächtigten Miterben müsste dies bedeuten, dass die von ihm auf der Grundlage der Vollmacht abgegebenen Erklärungen für seine Miterben eine Nachlassverbindlichkeit und für ihn eine Eigenverbindlichkeit entstehen lassen würden.
Allerdings würde ein Miterbe die anderen auch durch eine nach dem Erbfall von den einzelnen Miterben erteilte Vollmacht zwar vertreten, aber dadurch keine Verbindlichkeiten für die Erbengemeinschaft begründen können. Der Rechtsprechung des BGH folgend wäre der Miterbe daran gehindert, in diesem Sinne für die Erbengemeinschaft zu handeln.
Rz. 54
Nach der zweiten und hier vertretenen Ansicht ist bei Handlungen eines Erben für die Erbengemeinschaft zu differenzieren: Wenn die Miterben nach außen handeln – etwa um einen Handwerker zu beauftragen –, ist regelmäßig die Frage wichtig, ob sie auch mit ihrem Privatvermögen haften. Das Auftreten nach außen ist wesentlich: Handeln Miterben nach außen gemeinschaftlich und offen erkennbar für den Nachlass, haften sie nicht mit ihrem Eigenvermögen, sondern ausschließlich mit dem Nachlass. Bei Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung (vgl. § 4 Rdn 69–114) gewährt ein Mehrheitsbeschluss den handelnden Miterben eine Vollmacht, die Erbengemeinschaft zu vertreten. Dem entspricht, dass eine Vollmacht als für die Erbengemeinschaft fortbestehend angesehen werden kann. Der mit der Vollmacht des Erblassers handelnde Miterbe vertritt also die Erbengemeinschaft und nicht einerseits die Miterben und andererseits sich selbst persönlich, wenn es vom Geschäftsgegner nicht anders zu verstehen ist.
Ist das Handeln für die Erbengemeinschaft (auch aufgrund einer z.B. nicht vorgelegten Vollmacht des Erblassers) nach außen nicht erkennbar, haften die Erben persönlich. Durften die handelnden Erben die anderen nicht vertreten – etwa weil eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme gem. § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. § 4 Rdn 65–68) vorlag oder die Vollmacht zum Teil widerrufen worden war – werden die Erbengemeinschaft und die anderen Erben auch nicht vertreten. Die handelnden Erben können aus schuldrechtlichen Gründen haften.