Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 203
Ähnliche Fragen stellen sich beim dinglichen Wohnungsrecht. Fraglich ist, ob und wie ein dingliches Wohnungsrecht endet und ob und mit welchen Rechtsfolgen dies für die Beteiligten verbunden ist. Ein Wohnungsrecht kann von Anfang an nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart sein. Das kommt in den hier interessierenden Fällen so gut wie nicht vor. Ebenso wenig interessiert der Regelfall des Todes.
In Übergabeverträgen mit dinglichem Wohnungsrecht und/oder vereinbarter "Pflege und Wart" ist für die Beendigung des Wohnungsrechts danach zu unterscheiden, ob und wenn ja, welche konkrete Vereinbarungen der Beteiligten zum Erlöschen des Rechts bestehen. Rechtsgrund für ein dingliches Wohnungsrecht ist der schuldrechtliche Vertrag, in welchem Verpflichteter und Berechtigter die Bestellung vereinbart haben, nicht ein zusätzlich abgeschlossener Mietvertrag über die von dem dinglichen Recht erfasste Wohnung. Nur dessen Grundlage kann entfallen. Im Zweifel ist neben der Dienstbarkeit kein Nutzungsvertrag gewollt.
Wird das Wohnungsrecht vereinbarungsgemäß bestellt, ist der zugrundeliegende Schuldvertrag erfüllt und rechtfertigt den Fortbestand der Dienstbarkeit. Es gelten – mangels anderer Individualvereinbarungen – die Regelungen der §§ 1093, 875 BGB. Aufgehoben werden Rechte an Grundstücken dinglich nach § 875 BGB durch Aufgabeerklärung des Berechtigten, dass er das Recht aufgibt, und die Löschung im Grundbuch. Ein dingliches Wohnungsrecht stellt demnach kein der Kündigung zugängliches Dauerschuldverhältnis dar.
Rz. 204
Das kann nur anders sein, wenn die Beteiligten schuldrechtlich besondere Regelungen über den Inhalt des Rechts vereinbart haben. Das Nebeneinander von schuldrechtlichem und dinglichem Nutzungsrecht ist nicht ausgeschlossen. Die Dienstbarkeit kann durch eine schuldrechtliche Vereinbarung konkretisiert werden. So kann z.B. in der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts grundsätzlich eine periodisch wiederkehrende mietzinsähnliche Entgeltzahlung an den Eigentümer vereinbart werden und die Entgeltzahlung wird zur (auflösenden) Bedingung des Wohnungsrechts gemacht. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, neben bzw. verkoppelt mit dem Wohnungsrecht einen Mietvertrag auch noch nachträglich zu vereinbaren. Das verändert dann allerdings das ursprüngliche Grundverhältnis und es könnten ggf. Schenkungsrückforderungsansprüche im Raum stehen.
Rz. 205
Für das Erlöschen eines Wohnungsrechts gilt, dass das Recht erlischt, wenn seine Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauernd unmöglich wird: "Das ist unter anderem der Fall, wenn das Recht niemandem mehr einen Vorteil bietet. An diesen Voraussetzungen fehlt es, wenn das Wohnungsrecht aufgrund der Aufnahme des Berechtigten in ein Pflegeheim nicht ausgeübt werden kann. Denn ihm bleibt nach § 1090 I 2 BGB die Möglichkeit, mit Gestattung des Grundstückseigentümers die Ausübung seines Rechts anderen zu überlassen und dadurch zum Beispiel für sich einen Mietanspruch gegen den Besitzer der dem Recht unterliegenden Räume zu begründen."
Das gilt selbst dann, wenn das Hindernis auf Dauer besteht. Dem verpflichteten Eigentümer steht bei Heimaufnahme des Wohnungsberechtigten daher auch kein Anspruch auf Abgabe einer Aufgabeerklärung gemäß § 875 BGB und Erteilung einer Löschungsbewilligung zur Berichtigung des Grundbuchs zu.
Rz. 206
Sozialhilfeträger vertreten auch heute noch nicht selten die Rechtsauffassung, dass der Nutzungsberechtigte eines nicht mehr ausgenutzten Wohnrechts vor Einsatz der Sozialhilfe darauf verwiesen werden könne, durch die Verwertung des Wohnungsrechts – z.B. durch Vermietung – anrechenbares Einkommen zu erzielen. Das ist aber wegen der gesetzlichen Ausgestaltung eines dinglichen Wohnungsrechts ohne bestehende schuldrechtliche Absprachen, die mit dem Wohnungsrecht vereinbart wurden, grundsätzlich nicht vorstellbar: "Geldersatzansprüche des Berechtigten begründet ein Wohnungsrecht aber auch dann nicht, wenn der Berechtigte es aufgrund der Gestattung des Eigentümers einem anderen zur Ausübung überlassen darf."
Hierzu bedarf es einer schuldrechtlichen Vereinbarung und gerade daran fehlt es ja meistens: "Enthält die schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung eines Wohnungsrechts keine Regelung, wie die Wohnung genutzt werden soll, wenn der Wohnungsberechtigte sein Recht wegen Umzugs in ein Pflegeheim nicht mehr ausüben kann, kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht."
Rz. 207
Der BGH hat zur Prüfung von – sozialhilfeschädlichen – Ersatzansprüchen für die ausgefallene Wohnungsnutzung ursprünglich das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage herangezogen. Diese Rechtsprechung wurde später dahingehend relativiert, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage überhaupt nur dann in Betracht komme, wenn eine Regelungslücke festzustellen sei. Heimpflegebedürftigkeit werde aber im Regelfall vorausgesehen; es sei dah...