Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 143
Je nach Vereinbarung ist die übernommene Pflegeverpflichtung mit Leistungen verbunden, die dem Pflegenden neben dem Zuwendungsgegenstand weitere Vorteile verschaffen können. Nicht selten findet man in Übertragungsverträgen dazu ausdrückliche Regeln, z.B.: Die Verpflichtung zu Wart und Pflege ruht, solange und soweit der Berechtigte Leistungen nach dem SGB XI beanspruchen kann. Ein etwaiges Pflegegeld steht dem Pflegenden zu. Weitere Leistungen werden nicht gesondert vergütet.
Bezogen auf die eigene Leistung können also z.B. sozialstaatliche Leistungen wertmindernd Berücksichtigung finden:
▪ |
Der Zuwendungsempfänger kann zusätzlich zum Zuwendungsgegenstand das Pflegegeld nach § 37 SGB XI vom Pflegebedürftigen erhalten haben. |
▪ |
Der Zuwendungsempfänger kann durch Pflegesachleistungen eines Pflegedienstes oder Tages- und Nachtpflege unterstützt und entlastet worden sein (§§ 36, 41 SGB XI). |
Die Schwierigkeit besteht darin, dass man bei Abschluss des Vertrages nicht prognostizieren kann, welche der unterschiedlichen Leistungen wohl in Betracht kommen können.
Rz. 144
Pflegeleistungen werden auch durch sozialstaatliche Förder- und Ausgleichsleistungen teilweise motiviert und kompensiert. Solche Leistungen hat der Gesetzgeber in der jüngeren Vergangenheit kontinuierlich erweitert. Sie sind in die Äquivalenzbilanz – wertmindernd – einzubeziehen:
Das SGB XI sieht u.a. für Pflegepersonen Leistungen zur sozialen Sicherung vor. So sind Pflegepersonen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI pflichtversichert und erhalten für ihre Tätigkeit Beitragszeiten in der Rentenversicherung gutgeschrieben, wenn die Pflegeperson den Pflegebedürftigen i.S.d. § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig, aber wenigstens zehn Stunden wöchentlich an regelmäßig zwei Tagen pro Woche eine oder mehrere Personen pflegebedürftige Personen ab Pflegegrad 2 pflegt, selbst aber nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig ist (§ 19 SGB XI).
Rz. 145
Die Pflege eines Angehörigen führt danach zu Beitragszeiten (§ 55 SGB VI) und damit zur Erfüllung von Wartezeiten (§ 50 SGB VI) für eine eigene Rente. Das bedeutet, dass die versicherungspflichtige Pflege dazu führen kann, dass man erst dadurch überhaupt einen Anspruch auf bestimmte Renten erhält oder sichert, weil Pflichtbeitragszeiten bzw. Wartezeiten in ausreichender Zahl begründet wurden.
Pflege im Sinne des SGB VI ist allerdings nur die Pflege i.S.d. SGB XI; nicht die sonstige Betreuung und Versorgung. Die Höhe der geleisteten Beiträge richtet sich nach dem Pflegegrad sowie nach der Art der bezogenen Leistungen:
▪ |
der reine Pflegegeldbezug bildet die Ausgangsprozentzahl der Beitragsbemessung |
▪ |
bei Kombinationsleistung erfolgt eine Reduzierung um 15 % |
▪ |
bei Sachleistungen erfolgt eine weitere Reduzierung um 15 %. |
Die Prozentzahl bezieht sich auf ein fiktives Einkommen, die sog. Bezugsgröße, die ein jährlich neu festgelegter Wert aus der Rentenversicherung ist, der sich an der Höhe der durchschnittlichen Arbeitnehmerverdienste des vorletzten Jahres orientiert. 2021 liegt die Bezugsgröße West bei 3.290 EUR, die Bezugsgröße Ost bei 3.115 EUR.
Rz. 146
Die Bezugsgröße wird mit 100 % angenommen. Sie wird im Pflegegrad 5 zugrunde gelegt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Einzelheiten.
Würde also im Pflegegrad 5 nur Pflegegeld vom Pflegenden in Anspruch genommen, so würde ein Betrag in die Rentenversicherung eingezahlt, die dem Erwerb eines Entgeltpunktes entspricht. Ein Entgeltpunkt entspricht ab 1.7.2021 in den alten Bundesländern einem Rentenanspruch von monatlich 34,19 EUR und in den neuen Bundesländern von 33,47 EUR.
Rz. 147
Um einen Rentenanspruch in Höhe eines Entgeltpunktes zu erwerben, muss man aktuell 18,6 % von 3.290 EUR x 12 Kalendermonaten, also rund 7.343 EUR jährlich an Rentenbeiträgen in die Rentenkasse einbezahlen. Diesen Aufwand erspart sich, wer entsprechend pflegt. Den konkreten Aufwand je nach Leistung kann man aus der folgenden Tabelle errechnen.