Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 65
Bis April 2021 gab es Probleme bei der gerichtsinternen Weiterbearbeitung eingegangener Nachrichten, wenn im Dateinamen z.B. Umlaute enthalten waren. Der BFH hatte in einem Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, weil er davon ausgegangen war, dass ein Dokument nicht eingegangen ist, wenn zwar eine Eingangsbestätigung erteilt wird, das Dokument aber in ein Verzeichnis für korrupte Nachrichten verschoben wurde, auf das der BFH keinen Zugriff hat, und wenn der BFH von diesem Vorgang nicht benachrichtigt worden ist. Zu kritisieren ist an dieser Entscheidung, dass der BFH zwar "anwaltsfreundlich" Wiedereinsetzung gewährte, es aber nach diesseitiger Ansicht einer solchen nicht bedarf, denn sobald eine positive Eingangsbestätigung erfolgt ist, darf vom Zugang der Nachricht ausgegangen werden. Interne Probleme mit dem Server des Gerichts dürfen hier keine Rolle spielen.
Rz. 66
So hatte denn der BGH im Mai 2020 folgerichtig entschieden, dass Probleme mit Umlauten oder Sonderzeichen bei der Justiz nicht zulasten des Anwalts gehen. Insbesondere, so der BGH, sähen weder der für den Streitfall maßgebliche § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim BGH und BPatG noch die ERVV und die (damals geltende) ERVB 2018 ein Verbot von Umlauten vor. Dies ist zwar inzwischen anders, wie sich aus nachstehender Rdn 71 ergibt, jedoch bleibt die Entscheidung des BGH in ihrer Aussage
Zitat
"Die Bekl. musste nicht damit rechnen, dass ein Dokument, dessen Dateiname Umlaute enthält, von einem internen Rechner des Gerichts nicht abgeholt werden kann, obwohl der Versand über das besondere elektronische Anwaltspostfach möglich ist und die erfolgreiche Übermittlung des Dokuments bestätigt worden ist",
insofern weiterhin aktuell, als dass gerichtsinterne Probleme bei erfolgter positiver Eingangsbestätigung nicht zulasten des Einreichers gehen.
Rz. 67
Noch zur alten Rechtslage hat der BGH auch 2022 entschieden, dass dann, wenn die Möglichkeit besteht, dass eine Berufungsbegründung auf der für den Empfang elektronischer Dokumente bestimmten Einrichtung des Berufungsgerichts gespeichert worden ist und nur nicht von anderen Rechnern innerhalb des Gerichtsnetzes abgeholt werden konnte, das Berufungsgericht weiter aufzuklären hat, ob das Dokument eingegangen ist.
Rz. 68
So führt der BGH in dieser Entscheidung aus:
Zitat
"Gemäß § 130 a V 1 ZPO ist ein elektronisches Dokument eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist demgegenüber unerheblich. Hierbei handelt es sich um gerichtsinterne Vorgänge, die für den Zeitpunkt des Eingangs des Dokuments nicht von Bedeutung sind."
Rz. 69
Und weiter:
Zitat
"Dementsprechend steht es der Wirksamkeit und Rechtzeitigkeit des Eingangs nicht entgegen, wenn der für die Abholung von Nachrichten eingesetzte Rechner im internen Netzwerk das Dokument nicht von dem Intermediär-Server des Gerichts herunterladen kann, sondern lediglich eine Fehlermeldung erhält (...)."
Rz. 70
Die Aufklärungspflicht über den Verbleib eines Dokuments, das "gerichtsintern verloren geht", sieht der BGH bei Gericht und nicht beim Anwalt, wie sich aus dem 2. Leitsatz des BGH ergibt:
Zitat
"2. Besteht die Möglichkeit, dass eine Berufungsbegründung auf der für den Empfang elektronischer Dokumente bestimmten Einrichtung des Berufungsgerichts gespeichert worden ist und nur nicht von anderen Rechnern innerhalb des Gerichtsnetzes abgeholt werden konnte, so hat das Berufungsgericht weiter aufzuklären, ob das Dokument eingegangen ist."
Rz. 71
Seit dem beA-Update im April 2021 sind Umlaute in Dateinamen technisch übermittelbar, ebenso der Buchstabe "ß", was die Problematik in der Praxis entschärft hat.
Rz. 72
Unter Nr. 6. a) aa) bis dd) der 2. ERVB 2022 sind die Buchstaben und Ziffern aufgelistet, die in Dateinamen zulässig sind:
▪ |
alle Buchstaben des deutschen Alphabets einschließlich der Umlaute ä, ö, ü und ß, |
▪ |
alle Ziffern, |
▪ |
die Zeichen Unterstrich und Minus, und |
▪ |
Punkte, wenn sie den Dateinamen von Dateiendungen trennen. |
Rz. 73
Dies bedeutet aber auch, dass u.a. folgende Zeichen nicht zulässig sind:
▪ |
Sonderzeichen wie &, %, $, § usw. |
▪ |
Klammern |
▪ |
Schrägstrich |
▪ |
Zeichen wie !, :, + oder * |
Rz. 74
Auch Kombinationen wie z.B. "./." sind nicht zulässig.
Rz. 75
Ebenfalls unzulässig sind Leerzeichen, wie z.B. Anlage K 1 statt AnlageK1.
Rz. 76
Hinweis
Im beA können Dokumente, die im Dateinamen unzulässige Zeichen/Leerzeichen tragen, gar nicht erst hochgeladen werden. Es wird jedoch dringend empfohlen, entsprechende Hinweise an alle Mitarbeiter und Anwälte der Kanzlei zu geben, um unnötige Zeitverluste bei einer erforderlichen Umbenennung von Dateinamen zu vermeiden. Denn nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. ist eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen, wenn aufgrund der Unkenntnis des einreichenden Anwalts ein...