Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
1. ERVV – Verordnungsbestimmungen
Rz. 19
Nachfolgend sollen zunächst die wichtigen Bestimmungen der ERVV dargestellt werden
Rz. 20
Wichtige Bestimmungen zu den Anforderungen an elektronische Dokumente seit dem 1.1.2022
Zitat
§ 2 ERVV Anforderungen an elektronische Dokumente
"(1) 1Das elektronische Dokument ist im Dateiformat PDF zu übermitteln. Wenn bildliche Darstellungen im Dateiformat PDF nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, darf das elektronische Dokument zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden. 2Die Dateiformate PDF und TIFF müssen den nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 bekanntgemachten Versionen entsprechen."
(2) Das elektronische Dokument soll den nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 und 6 bekanntgemachten technischen Standards entsprechen.
(3) Dem elektronischen Dokument soll ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz im Dateiformat XML beigefügt werden, der den nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 bekanntgemachten Definitions- oder Schemadateien entspricht und mindestens enthält:
1. |
die Bezeichnung des Gerichts; |
2. |
sofern bekannt, das Aktenzeichen des Verfahrens; |
3. |
die Bezeichnung der Parteien oder Verfahrensbeteiligten; |
4. |
die Angabe des Verfahrensgegenstandes; |
5. |
sofern bekannt, das Aktenzeichen eines denselben Verfahrensgegenstand betreffenden Verfahrens und die Bezeichnung der die Akten führenden Stelle. |
§ 3 ERVV Überschreitung der Höchstgrenzen
Wird glaubhaft gemacht, dass die nach § 5 Absatz 1 Nummer 3 bekanntgemachten Höchstgrenzen für die Anzahl oder das Volumen elektronischer Dokumente nicht eingehalten werden können, kann die Übermittlung als Schriftsatz nach den allgemeinen Vorschriften erfolgen, möglichst unter Beifügung des Schriftsatzes und der Anlagen als elektronische Dokumente auf einem nach § 5 Absatz 1 Nummer 4 bekanntgemachten zulässigen physischen Datenträger.
§ 4 ERVV Übermittlung elektronischer Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur
(1) Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
1. |
auf einem sicheren Übermittlungsweg oder |
2. |
an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Gerichts über eine Anwendung, die auf OSCI oder einem diesen ersetzenden, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Protokollstandard beruht. |
(2) Mehrere elektronische Dokumente dürfen nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden.“
2. Von der ERVV umfasste Rechtsgebiete und Dokumente
Rz. 21
Die Regelungen der ERV-Verordnung bezogen auf die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs gelten für die Übermittlung elektronischer Dokumente in
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Zivilprozesssachen, § 130a ZPO, |
▪ |
Arbeitsgerichtssachen, § 46c ArbGG, |
▪ |
Sozialgerichtssachen, § 65a SGG, |
▪ |
Verwaltungsgerichtssachen, § 55a VwGO und |
▪ |
Finanzgerichtssachen, § 52a FGO und |
▪ |
Strafsachen, § 32a StPO, sowie |
▪ |
OWi-Sachen, § 110c OWiG i.V.m. § 32a StPO. |
Rz. 22
Darüber hinaus gilt die Verordnung aufgrund entsprechender Verweisungsvorschriften u.a. in folgenden Angelegenheiten:
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Familiensachen, § 14 Abs. 2 S. 2 FamFG, |
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Grundbuchsachen, § 73 Abs. 2 S. 2 GBO, |
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Schiffsregistersachen, § 77 Abs. 2 S. 2 SchRegO, |
▪ |
Landwirtschaftssachen, § 9 LwVfG, |
▪ |
Verfahren gem. § 73 Nr. 2 und § 76 Abs. 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), |
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Verfahren gem. §§ 85 Nr. 2, 88 Abs. 5 EnWG, |
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Insolvenzverfahren, § 4 InsO (Ausnahme: Tabellen und Verzeichnisse gem. § 175 InsO i.V.m. § 5 IV InsO), |
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Zwangsversteigerungssachen, § 869 ZPO, |
▪ |
Zwangsverwaltungssachen, § 869 ZPO, |
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verwaltungsrechtliche Anwaltssachen, § 112c Abs. 1 S. 1 BRAO, |
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verwaltungsrechtliche Patentanwaltssachen, § 94b Abs. 1 S. 1 PatO, |
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gerichtliche Verfahren in Notarsachen, § 96 Abs. 1 S. 1 BnotO i.V.m. § 3 Bundesdisziplinargesetz (BDG), § 111b Abs. 1 S. 1 BnotO, siehe auch §§ 105 und 109 BnotO, |
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Gerichtsvollziehervollstreckung, § 753 Abs. 5 S. 2 und 3 ZPO – soweit nicht Formularpflicht gegeben ist (siehe dazu die GVFV), für gerichtliche ZV-Aufträge gilt § 130d ZPO unmittelbar, |
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Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz gem. § 120 Abs. 1 S. 2 (StVollzG). |
Hinweis
Aufgrund der Komplexität der Verordnungen und Verweisungen sollte im Zweifel anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen eine eigenverantwortliche Prüfung für das jeweilige Verfahren erfolgen.
Rz. 23
Nicht umfasst von der Verordnung sind:
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die elektronische Übermittlung und Beiziehung von Behördenakten |
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Angelegenheiten, für die die vom BSI erarbeiteten Mindeststandards nach § 8 des BSI-Gesetzes gelten |
Rz. 24
§ 1 Abs. 2 ERVV stellt klar, dass besondere bundesrechtliche Vorschriften unberührt bleiben, die im Anwendungsbereich der Verordnung nach § 1 Abs. 1 ERVV für bestimmte Bereiche gegenwärtig bestehen und auch fortentwickelt und neu erlassen werden können. Unter § 1 Abs. 2 ERVV fallen nach Ansicht des Verordnungsgebers folgende Vorschriften/Verfahren:
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Einlieferungsverfahren in das Schuldnerverzeichnis beim Zentralen Vollstreckungsgericht |
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Einlieferungsverfahre... |