Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 139
Fraglich ist, ob dem Gericht bei Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung der Original-Berechtigungsschein vorgelegt werden muss (in Papier) oder nicht. Die bisherige Rechtsprechung hält die Vorlage des eingescannten Berechtigungsscheins für ausreichend:
Zitat
"Der Antragsteller muss bei einem elektronisch eingereichten Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung, dem der Berechtigungsschein als eingescanntes Dokument beigefügt ist, das Original des Berechtigungsscheins grundsätzlich nicht vorlegen." (Leitsatz der Schriftleitung)
Rz. 140
Andere Gerichte verlangen die Vorlage des Originals nur, wenn dies zur Glaubhaftmachung erforderlich ist.
Rz. 141
In der Praxis begnügen sich einige Gerichte aber auch damit, dass von dem durchgestrichenen Original ein Scan übermittelt wird, sodass praktisch eine "Entwertung" sichtbar wird und die Sorge eines weiteren Einsatzes des Berechtigungsscheins ausscheidet. Hier bleibt abzuwarten, ob und ggf. wie der Gesetzgeber dieses Problem noch lösen wird.
Rz. 142
Am 16.6.2022 wurde der Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung sowie zur Aufhebung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Bis Ende Juli 2022 haben zahlreiche Verbände und Inkassounternehmen sowie Weitere zu den neuen Formularen und der geplanten neuen Verordnung Stellung genommen. Auf Rückfrage per Mail teilt das BMJ mit, dass angestrebt wird, dass der Bundesrat noch in diesem Jahr mit der Verordnung befasst wird. Mit Art. 2 dieser geplanten neuen Verordnung soll die Anlage 2 zur Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) geändert werden. Die Anlage 2 enthält das Formular, das Beratungspersonen (z.B. Rechtsanwälte) nutzen müssen, um einen Antrag auf Zahlung ihrer Vergütung gegenüber der Staatskasse zu stellen. Es soll mit dieser Änderung die elektronische Abrechnung der Beratungshilfe vereinfacht werden. Es soll Anwälten ermöglicht werden, künftig bei Beantragung der Abrechnung gegenüber der Staatskasse nicht zwingend den Berechtigungsschein im Original beifügen zu müssen, sondern alternativ auch anwaltlich versichern zu können, dass ihre Beauftragung unter Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins erfolgt ist. Der Verordnungsgeber würde damit der bisher schon von vielen Gerichten ausgeführten Praxis gerecht. Zu Recht verweist der Verordnungsgeber in seiner Begründung darauf, dass der bisher im Abrechnungsformular enthaltene Passus "Der Berechtigungsschein im Original (…) ist beigefügt." misslich sei, da einige Gerichte bei elektronisch eingereichten Abrechnungsanträgen die Vorlage des Original-Berechtigungsscheins verlangen und die Übersendung eines elektronischen Dokuments (Scan) zur Glaubhaftmachung nicht ausreichen würde. Aus der Begründung zu dieser Neuregelung lässt sich entnehmen, dass der Hintergrund der bisher angeforderten Originalvorlage die aufgrund fehlender Beiordnung bei Beratungshilfe nicht sichere Legitimation der Beratungsperson ist. Im Kostenfestsetzungsverfahren muss jedoch sichergestellt sein, dass die antragstellende Beratungsperson tatsächlich beauftragt wurde und die rechtssuchende Person nicht unter Verwendung von Kopien statt des Originals mehrere Beratungspersonen beauftragt hat. Zuletzt stellt der Verordnungsgeber zudem fest, dass sich aus den gesetzlichen Vorgaben des Beratungshilfegesetzes keine Pflicht zur Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins im Abrechnungsverfahren ergibt, weshalb es somit eigentlich auch keine Ermächtigungsgrundlage für eine solche Vorgabe im Formular gibt. Gem. § 155 Abs. 5 S. 1 RVG ist zwar § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO entsprechend anzuwenden, sodass der Kostenansatz glaubhaft gemacht werden muss. Ein Mittel der Glaubhaftmachung kann aber dabei auch die anwaltliche Versicherung sein. Geplant ist daher, in der Anlage 2 zur BerHFV die von der Beratungsperson auszuwählende alternative Ankreuzmöglichkeit "Die Beauftragung erfolgte unter Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins. Zur Glaubhaftmachung wird auf die Anlage verwiesen." zu ergänzen.