1. Teilbarkeit des gemeinschaftlichen Vermögens – Vermögenszerschlagung vs. Vermögenserhalt
Rz. 19
Die gesetzlichen Teilungsregeln der §§ 752, 753 BGB sind über die Verweisungen bei den einzelnen Gemeinschaften Inhalt des dem gesetzlichen Teilungsanspruch innewohnenden kausalen Rechtsverhältnisses, deshalb müssen ihre Voraussetzungen erfüllt sein, wenn eine Erbteilungsklage begründet sein soll.
2. Prinzip des BGB: Gleichbehandlung führt zur Vermögenszerschlagung
Rz. 20
Die im vorausgegangenen Abschnitt dargestellten Sonderregelungen stellen die absolute Ausnahme vom Grundtypus der §§ 749 ff. BGB dar. Während für das Höferecht und das Zuweisungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz öffentliche Interessen ausschlaggebend sind, schützen die Regeln über den die Haushaltsgegenstände betreffenden Voraus in §§ 1932, 2311 Abs. 1 S. 2 BGB ausschließlich private Interessen. Außer bei der Erbteilung im Falle der Vorgabe des Erblassers durch Teilungsanordnungen (§ 2048 S. 1 BGB) oder durch die Ermächtigung eines Dritten zur Teilung nach Billigkeit (§ 2048 S. 2 BGB) mit klageweiser Ersetzung durch Urteil (§ 2048 S. 3 BGB) sieht das Gesetz keine weiteren Bereiche richterlicher Gestaltungsbefugnisse vor – die fehlende richterliche Gestaltungsmacht wird vom Gesetz bewusst als Regelfall zugrunde gelegt.
Richterliche Gestaltungsmacht ist die gesetzliche Ausnahme.
Die Überführung des gemeinschaftlichen Vermögens in gleichartige Teile und die damit verbundene Gleichbehandlung aller Miterben hat im Grundsatz Vorrang vor dem Vermögenserhalt.
3. Starrheit der gesetzlichen Regelung
Rz. 21
Einigen sich die Miterben nicht über die Art und Weise der Auseinandersetzung, so ist das gesamte unteilbare Vermögen nach § 753 BGB zu veräußern. Dies führt in der Regel zur Zerschlagung des gemeinschaftlichen Vermögens; auch liegt die Summe der Werte der einzelnen veräußerten Gegenstände unter dem Gesamtwert des gemeinschaftlichen Vermögens. So setzte der BGH in der Entscheidung FamRZ 1991, 547 den Streitwert einer Widerspruchsklage gegen eine Teilungsversteigerung nach einem Bruchteil des Grundstückswertes fest mit der Begründung, der bei der Teilungsversteigerung zu erzielende Erlös bleibe nicht selten hinter dem Verkehrswert des Grundstücks zurück.
Die starre gesetzliche Regelung führt i.d.R. zur Zerschlagung des unteilbaren Vermögens.
4. Teilungsversteigerung als "Zerschlagungswerkzeug"
Rz. 22
Mit der Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG wurde gesetzgeberisch bewusst die Gefahr der Zerschlagung des gemeinschaftlichen Vermögens mit der Folge eines Wertverlusts in Kauf genommen.
Dazu das BVerfG:
Zitat
"Das (Teilungsversteigerungs-)Verfahren hat rein instrumentalen Charakter. Es dient der Ersetzung eines unteilbaren durch einen teilbaren Gegenstand, das heißt der Schaffung eines unter den Miteigentümern verteilungsfähigen Erlöses in Geld. Es bereitet mithin eine anderweitig gesetzlich (oder vertraglich) geregelte vermögensrechtliche Auseinandersetzung unter den Eigentümern lediglich vor und hat nicht die Funktion, diese Auseinandersetzung zu ersetzen oder vorwegzunehmen. Jedem Antrag auf Auseinandersetzungsversteigerung liegt deshalb die Erwartung zugrunde, dass ein vernünftiger Erlös, der nicht der denkbar günstigste sein muss, aber immerhin eine Auseinandersetzung noch sinnvoll erscheinen lässt, erzielt werden kann. Hierin liegt die innere Rechtfertigung dafür, dass der Staat durch den Hoheitsakt des Zuschlags das Eigentum auf den Meistbietenden übertragen kann."
Zu den Einzelheiten der Nachlassauseinandersetzung siehe § 15 "Vermächtniserfüllung", § 18 "Einvernehmliche Erbauseinandersetzung", § 19 "Erbteilungsklage" und § 20 "Teilungsversteigerung", jeweils in diesem Buch.
5. Erbteilsübertragung
Rz. 23
Das Ausscheiden des "weichenden" Miterben kann dadurch geschehen, dass er seinen Anteil den verbleibenden Erben nach § 2033 BGB überträgt. Auf diese Weise erfolgt eine Anwachsung bei den anderen Miterben analog §§ 1935, 2094 BGB. Die Erbengemeinschaft umfasst damit nur noch die verbleibenden Miterben. Die Übertragung des Erbteils nach § 2033 BGB ist der entschieden sicherere Weg.
Dem steht allerdings die Meinung gegenüber, ein Ausscheiden eines Miterben könne auch ohne Erbteilsübertragung erfolgen; dies geschehe in der Weise, dass sich alle Erben über das Ausscheiden des Betroffenen einig sind und auf diesen Nachlassgegenstände übertragen. Das KG hat dies direkt dem Gesetz entnommen, heute wird dies mit einer Analogie aus dem Recht der BGB-Gesellschaft, dem § 738 BGB, entnommen.
Rz. 24
Werden an einen Miterben die Erbteile aller anderen Miterben übertragen, sodass sich die Erbteile in einer Hand vereinigen, erlischt die Erbengemeinschaft unumkehrbar. Die Erbengemeinschaft kann auch dann nicht wieder neu entstehen, wenn die Übertragung unter einer auflösenden Bedingung steht und diese Bedingung eintritt. Weder an den abgetretenen Erbteilen noch an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück selbst kann daher eine Verfügungsbeschränkung im Grundbuch eingetragen werden.