Inga Leopold, Dr. iur. Jürgen Peter
Rz. 142
§ 102 Abs. 3 BetrVG verweist hinsichtlich der Frist auf § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Nach einhelliger Auffassung gilt diese Verweisung ebenfalls für das Erfordernis der Schriftform, denn wenn bereits für die Äußerung jedweder Bedenken Schriftform erforderlich ist, muss dies erst recht für den "rechtlich gravierenderen" Widerspruch des Betriebsrats gelten. Dies bedeutet, dass der Widerspruch nach § 102 Abs. 3 i.V.m. § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG dem Arbeitgeber gegenüber schriftlich zu erklären ist. Der Betriebsratsvorsitzende oder ein entsprechend bevollmächtigtes Mitglied bzw. in Vertretungsfällen dessen Stellvertreter muss die Erklärung also eigenhändig unterzeichnen (vgl. § 126 BGB). Nach umstrittener Auffassung soll zur Wahrung der Schriftform i.S.d. § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG auch eine Erklärung per Telefax ausreichen. Das BAG hat im Zusammenhang mit der Erklärung der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG entschieden, dass dort die Erklärung per Textform gem. § 126b BGB/Telefax ausreichend ist. Allerdings ist fraglich, ob diese Rechtsprechung aufrechterhalten werden kann, nachdem mit dem Betriebsrätemodernierungsgesetz 2021 die Text- und die elektronische Form Eingang in einige Vorschriften des BetrVG gefunden haben (§§ 34, 76 Abs. 3 BetrVG), es jedoch in § 99 und § 102 BetrVG bei der Schriftform geblieben ist.
Rz. 143
Die Stellungnahme des Betriebsrats sollte auch eindeutig als Widerspruch gekennzeichnet werden, um zu vermeiden, dass sie entweder vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer lediglich als "Äußerung von Bedenken" gewertet wird. Im Zusammenhang mit der Beschlussfassung durch den Betriebsrat ist zu beachten, dass Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerspruchs die Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung ist. Der Grundsatz, dass Fehler des Betriebsrats während des Anhörungsverfahrens die Kündigung nicht unwirksam machen, beruht auf entsprechenden Vertrauensschutzerwägungen zugunsten des Arbeitgebers hinsichtlich des Abschlusses des Anhörungsverfahrens. Liegt (objektiv) kein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss vor, ist der Widerspruch unwirksam.
Rz. 144
Der Widerspruch des Betriebsrats ist auch zu konkretisieren und zu substantiieren. Insbesondere reicht es für einen ordnungsgemäßen Widerspruch nicht aus, dass der Betriebsrat den Gesetzeswortlaut wiederholt oder sich in Allgemeinfloskeln ("offensichtlich unbegründet"; "nichtig"; "nicht überzeugend") ergeht. Es muss nach den am konkreten Fall orientierten Argumenten des Betriebsrats möglich sein, dass der vom Betriebsrat geltend gemachte Widerspruchsgrund vorliegt.