Inga Leopold, Dr. iur. Jürgen Peter
Rz. 91
Entsprechend ist bei der betriebsbedingten Kündigung zu verfahren. Auch hier muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat all diejenigen Umstände mitteilen, auf die er die Kündigung stützen will. Stimmt seine Willensbildung mit Rechtfertigungsgründen des KSchG überein, sind all diejenigen Tatsachen mitzuteilen, die die Kündigung sozial gerechtfertigt sein lassen (zu den Einzelheiten der betriebsbedingten Kündigung vgl. § 2). Daher sind je nach Fallkonstellation Angaben notwendig u.a. zu
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den außerbetrieblichen Gründen, die dem Kündigungsentschluss zugrunde liegen, |
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den innerbetrieblichen Gründen, die zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führen, |
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der unternehmerischen Entscheidung (Inhalt und Umfang), |
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dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses bezogen auf den betroffenen Arbeitsplatz, |
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der Dringlichkeit der Kündigung (u.a. fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit), |
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der Sozialauswahl (Kriterien, Maßstäbe, Namen, Sozialdaten, Gewichtung), |
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der Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl, |
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dem Entfallen einer Sozialauswahl. |
Rz. 92
Zu den mitzuteilenden Tatsachen zählen auch die Gründe, die den Betriebsrat nach § 102 Abs. 3 Nr. 2 bis 5 BetrVG zum Widerspruch berechtigen können. Dabei reicht es nicht aus, lediglich pauschal anzugeben, dass "Auftragsmangel" vorliege oder "Rationalisierungsmaßnahmen" durchgeführt werden müssen. In diesem Zusammenhang muss der Arbeitgeber vielmehr so substantiiert vortragen, dass dem Betriebsrat die Gesamtlage vor Augen geführt wird. Da im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen oftmals ohnehin Gespräche und Verhandlungen wegen abzuschließender Interessenausgleiche und Sozialpläne stattfinden, kann sich der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang dann auf die insoweit dem Betriebsrat bereits zur Verfügung gestellten Auskünfte und Unterlagen beziehen. Will der Arbeitgeber den Betrieb stilllegen, dann muss er auch den Stilllegungszeitpunkt mitteilen. Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste (vgl. § 1 Abs. 5 KSchG; § 125 Abs. 1 S. 1 InsO) unterliegt die Betriebsratsanhörung keinen erleichterten Anforderungen.
Rz. 93
Der Arbeitgeber hat auch die Dringlichkeit darzulegen, insbesondere mitzuteilen, ob die beabsichtigte Kündigung durch andere Maßnahmen vermeidbar war. Wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit sieht, den zu kündigenden Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen, genügt ein Hinweis auf fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Hat der Betriebsrat jedoch vor Einleitung des Anhörungsverfahrens Auskunft über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den zu kündigenden Arbeitnehmer auf einem konkret benannten freien bzw. frei gewordenen Arbeitsplatz verlangt, dann hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitzuteilen, warum aus seiner Sicht eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf diesem Arbeitsplatz nicht möglich ist. Liegt eine fehlerhafte objektive Information hinsichtlich des vom Betriebsrat benannten Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber vor und rügt der Betriebsrat dies innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 BetrVG unter Angabe des zutreffenden Sachverhalts, dann ist der Arbeitgeber nach der Rspr. des BAG verpflichtet, dem Betriebsrat ergänzend mitzuteilen, warum aus seiner Sicht eine Weiterbeschäftigung auf diesem Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.
Rz. 94
Anzugeben sind ferner (unaufgefordert) auch die Überlegungen zur Sozialauswahl. Der Arbeitgeber muss also die Sozialdaten des ausgewählten Arbeitnehmers und mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer nachvollziehbar unterbreiten und mitteilen, nach welchen Kriterien der Arbeitgeber die Sozialauswahl vorgenommen hat und welche Maßstäbe er der Auswahl im konkreten Fall zugrunde gelegt hat. Hierbei kommt es wiederum natürlich nur auf die Kriterien und Maßstäbe an, die der Arbeitgeber zur Grundlage seiner Kündigungsentscheidung gemacht hat. Wenn der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer als nicht vergleichbar ansieht, so hat er auch diese Erwägungen dem Betriebsrat mitzuteilen. Beabsichtigt der Arbeitgeber eine stufenweise Betriebsstilllegung, dann ist er verpflichtet, neben dem Termin der endgültigen Stilllegung dem Betriebsrat gegenüber mitzuteilen, in welcher zeitlichen Reihenfolge welche Bereiche eingeschränkt werden, welche Arbeitnehmer zunächst weiterbeschäftigt und zu welchem Zeitpunkt welche Arbeitnehmer entlassen werden (sollen).
Rz. 95
Führt die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung allerdings dazu, dass nur ein bestimmter Arbeitnehmer betroffen ist oder eine Stilllegung des gesamten Betriebs vorliegt, ergeben sich Einschränkungen bezüglich der Mitteilung von Sozialdaten. So hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht über Familienstand und Unterhaltspflichten der zu kündigenden Arbeitnehmer unterrichten muss, wenn eine Sozialauswahl nach der für den Betriebsrat erkennbaren Auffassung des Arbeitgebers wegen der Stilllegung des gesamten Betriebs nicht vorzunehmen ist. Dabei hat das BAG ...