Rz. 23
Nach Ziff. 1.1 ist die "gesetzliche Haftpflicht" des Versicherungsnehmers für Personen-, Sach- und daraus entstandene weitere Schäden abgedeckt.
Eine Legaldefinition, was unter dem Begriff der "gesetzlichen Haftpflicht" zu verstehen ist, findet sich im Produkthaftpflicht-Modell nicht. Bedingt durch die Präambel kann jedoch auf die allgemeine Regelung in Ziff. 1.1 AHB zurückgegriffen werden. Dort wird aber der Begriff der "gesetzlichen Haftpflichtbestimmung" ebenfalls nur erwähnt und ebenso wenig wie im VVG "gesetzlich definiert". Zu Ziff. 1.1 AHB wurde (auch schon in den vorherigen Fassungen) die Auffassung vertreten, dass unter den dort geregelten Haftpflichtansprüchen nur Schadensersatzansprüche erfasst sein sollen. Unter die "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen" privatrechtlichen Inhalts lassen sich daher alle vertraglichen oder vertragsähnlichen, die deliktischen und quasideliktischen sowie sonstigen Ansprüche fassen, die den Ausgleich eines Schadens gewährleisten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die gesetzlichen Ansprüche beispielsweise "Verschulden" voraussetzen, so dass auch sog. Gefährdungshaftungstatbestände (z.B. § 1 ProdHaftG oder § 84 AMG) vom Produkthaftpflichtmodell erfasst sind. In den Anwendungsbereich fallen damit die §§ 280 ff., 311 Abs. 2 BGB (früher: ungeregelt als "culpa in contrahendo"), ebenso wie die Schadensersatzansprüche aus Vertrag, also Ansprüche nach den §§ 437 Nr. 3, 634 Nr. 4 BGB – wenn auch mit zahlreichen Ausschlusstatbeständen (vgl. Ziff. 7 AHB). Von Bedeutung im Zusammenhang mit der Produkthaftung ist es, darauf hinzuweisen, dass auch Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 und 2 BGB vom Begriff der gesetzlichen Haftpflicht erfasst sind, ferner auch Ansprüche aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG als Schadensersatzansprüche "privatrechtlichen Inhalts".
Problematischer erscheint die Frage, ob und inwieweit Ansprüche aus § 1004 BGB – wenn also der Versicherungsnehmer auf Unterlassung von Beeinträchtigungen des Eigentums oder Besitzes eines Dritten in Anspruch genommen wird – als gesetzliche Haftpflichtbestimmung angesehen werden können.
Ergänzt sei – im Zusammenhang mit produkthaftungsrechtlichen Aufwendungsersatzansprüchen – insbesondere, dass Ansprüche nach den §§ 670, 683 BGB – also Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag – grundsätzlich keine Schadensersatzansprüche sind. Dies kann jedoch anders sein, wenn die Geschäftsführung darin besteht, dass ein anderer die Schadensersatzverpflichtung des Versicherungsnehmers erfüllt. Dann tritt nämlich dessen Anspruch gegen den Versicherungsnehmer anstelle des Anspruchs des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer, so dass dem Versicherungsnehmer dann Deckungsschutz zu gewähren ist. Dies gilt auch dann, wenn dem Beauftragten oder Geschäftsführer Ansprüche deshalb zugebilligt werden, weil er bei seiner Tätigkeit selbst zu Schaden gekommen ist.
Rz. 24
Für die Deckung ist es ohne Bedeutung, ob es sich um Haftungsnormen des nationalen bzw. des ausländischen Rechts handelt. Bei Anspruchskonkurrenz ist es entscheidend, dass ein Anspruch – mag dieser vertraglich, deliktisch oder quasideliktisch gedeckt sein – vom Versicherungsschutz erfasst wird; in diesem Fall besteht dann Deckungsschutz. Nichts anderes gilt bei konkurrierenden privatrechtlichen Ansprüchen mit öffentlich-rechtlichen. Im letzteren Falle besteht Versicherungsschutz, wenn der privatrechtliche gedeckt ist.