Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 196
Die Vorschriften des BetrVG über den Interessensausgleich, Sozialplan und Nachteilsausgleich bei Betriebsänderungen gelten grds. auch in der Insolvenz. Insolvenzverwalter müssen daher vor einer Betriebsänderung den Betriebsrat informieren und mit diesem über einen Interessenausgleich verhandeln. Die §§ 120 ff. InsO erleichtern aber dem Insolvenzverwalter, einen ggf. erforderlichen Personalabbau umzusetzen und somit insb. auch das Unternehmen für einen potenziellen Erwerber attraktiv zu machen.
Hinzuweisen ist hier auf § 113 InsO, der für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen generell eine maximale Kündigungsfrist von drei Monaten vorsieht und insb. die Kündigung befristeter und unkündbarer Arbeitsverhältnisse ermöglicht. Weiter enthalten im Fall einer geplanten Betriebsänderung i.S.v. § 111 BetrVG die §§ 125–127 InsO Regelungen zur beschleunigten Durchführung eines Interessausgleichs, der damit zusammenhängenden Kündigungsschutzstreitigkeiten und zur Deckelung des Sozialplanvolumens. Nach § 125 InsO wird die Kündigung im Fall des Interessenausgleichs mit Namenliste dahingehend erleichtert, dass zum einen vermutet wird, dass die Kündigung der namentlich bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse erfolgt, zum anderen, dass die Sozialauswahl der Arbeitnehmer nur bezüglich eingeschränkter Kriterien und insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann.
Rz. 197
Für einen Unternehmenserwerb in dieser Phase von großer Bedeutung ist die Regelung des § 128 InsO: Danach sind die Kündigungen erleichternden Vorschriften auch dann anwendbar, wenn die Betriebsänderung erst nach einer Betriebsveräußerung durch den Erwerber durchgeführt werden soll. § 128 Abs. 2 InsO erstreckt die Vermutungswirkung bzw. gerichtliche Feststellung auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht aufgrund des Betriebsübergangs erfolgt.
Rz. 198
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es einem gekündigten Arbeitnehmer für den Fall des Bestehens eines schlüssigen Sanierungskonzepts im Interessenausgleich sehr schwerfallen dürfte, nachzuweisen, dass die Kündigung einen Verstoß gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB darstellt.
Hinweis
In Absprache mit dem Erwerber kann der Insolvenzverwalter demnach das Unternehmen personalseitig verkaufsfähig machen. Die Tatsache, dass das Unternehmen weitgehend den Erfordernissen des Erwerbers entsprechend in Übereinstimmung mit den Vorschriften der InsO angepasst werden kann, stellt daher einen großen Vorteil des Erwerbs eines Unternehmens aus der Insolvenz dar.