Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 51
Je nach Schwerpunkt der Prüfung können verschiedene Arten der Due Diligence unterschieden werden:
▪ |
Legal Due Diligence: Bei der rechtlichen oder Legal Due Diligence wird das Zielunternehmen auf offene und versteckte Haftungs- und anderen rechtliche Risiken überprüft. Neben den für das Unternehmen wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen (insbesondere dem lückenlosen Nachweis der Eigentumsverhältnisse an dem Zielunternehmen, sog. Chain of Title) und vertraglichen Beziehungen (insb. Kunden- und Lieferantenverträge, Dauerschuldverhältnisse) werden auch die (öffentlich-)rechtlichen Rahmenbedingungen betrachtet. Darüber erfolgt auch eine Evaluation der rechtlichen Folgen der geplanten Transaktion bzw. des Inhaberwechsels selbst (insb. Sonderkündigungsrechte bei Wechsel des Gesellschafters, Change-of-Control) und einer Beteiligung für das erwerbende Unternehmen (insb. auf arbeitsrechtlicher Ebene). |
▪ |
Tax Due Diligence: Die steuerrechtliche oder Tax Due Diligence prüft und bewertet die vergangenen, gegenwärtigen und künftigen steuerlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft und die möglichen steuerrechtlichen Auswirkungen der geplanten Transaktion. |
▪ |
Financial Due Diligence: Eine Financial Due Diligence analysiert die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen des Kaufgegenstandes anhand der zur Verfügung gestellten Kennzahlen (z.B. Jahres- und Zwischenabschlüsse, Reportings, monatliche oder quartalsweise Soll/Ist-Umsatz- und Ergebnisplanungen). Als Teil der Financial Due Diligence (z.T. auch als eigenständige Due Diligence) untersucht die Commercial Due Diligence das Marktumfeld und die Wettbewerbssituation des Zielunternehmens. |
▪ |
Environmental Due Diligence: Insb. im produzierenden Gewerbe kann eine Prüfung des Zielunternehmens auf Umweltrisiken (z.B. Kontaminationen) angezeigt sein. Dabei wird v.a. ermittelt, ob aktuelle gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden. |
▪ |
ESG Due Diligence: Prüfen des Zielobjekts in Bezug auf die sog. ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance), die insbesondere Nachhaltigkeitsaspekte beleuchten. |
▪ |
Technical Due Diligence: Auch diese Prüfung ist nicht in allen Branchen üblich und erforderlich. Untersucht werden der technische Stand der Fertigung und der Endprodukte sowie Möglichkeiten und Notwendigkeiten der technischen Weiterentwicklung. |
▪ |
Insurance Due Diligence: Bei dieser Prüfung, die ebenfalls nicht bei allen Transaktionen üblich und erforderlich ist, werden Umfang und Reichweite des Versicherungsschutzes, z.B. durch einen Versicherungsmakler, überprüft. |
▪ |
Cultural Due Diligence: Hier werden die "weichen" Faktoren des Unternehmens, die sog. Unternehmenskultur, überprüft. Themen wie die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, die Anweisung- bzw. Befehlsstruktur etc. werden hier abgefragt. |
Selbstverständlich ist die vorstehende Aufzählung nicht als abschließend zu begreifen. Vielmehr gibt es neben den genannten noch eine Reihe von Formen der Unternehmensprüfung, angefangen von so vergleichsweise "exotischen" Formen wie der sog. organisatorischen Due Diligence (Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung des Zielunternehmens) oder der psychologischen Due Diligence bis hin zur (mittlerweile recht verbreiteten) IT-Due Diligence, bei der die Funktionsfähigkeit der im Unternehmen verwendeten Informationstechnologie untersucht wird. Immer wichtiger wird auch die Integritäts- oder Compliance Due Diligence, d.h. die Prüfung eines Unternehmens u.a. auf illegale oder unseriöse Geschäftspraktiken, die auch außerhalb von Unternehmenskäufen praktiziert wird.
Rz. 52
Die für eine Unternehmensprüfung erforderlichen Informationen lassen sich grds. aus externen und/oder internen Informationsquellen schöpfen. Dabei sind die verschiedenen Informationsquellen grds. nach den Kriterien: Qualität, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit zu bewerten. Externe Informationsquellen und die daraus zu erschließenden Informationen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in Bezug auf ihre Verfügbarkeit und Zugriffsmöglichkeit von dem Veräußerer bzw. dem betreffenden Zielunternehmen unabhängig sind und regelmäßig allgemeiner Natur und damit jedermann zugänglich sind. Hierzu zählt v.a. die Internetrecherche, insb. die Homepage des Zielunternehmens wie die zwischenzeitlich zum größten Teil online verfügbaren Handelsregister. Hinzu kommen die veröffentlichten Jahres- und Konzernabschlüsse samt Anhang und Lagebericht sowie Geschäftsberichte und Prospekte sowie (Haupt-)Versammlungsprotokolle, zu deren Erstellung und Veröffentlichung das Zielunternehmen aufgrund von handels- und publizitätsgesetzlichen (insb. kapitalmarktrechtlichen) Bestimmungen verpflichtet ist, zum anderen Handelsregister und Grundbuchauszüge sowie Veröffentlichungen des Zielunternehmens oder über das Zielunternehmen in einschlägigen Fachzeitschriften und Branchenverzeichnissen.
Zu den internen Informationsquellen zählen die nicht öffentlich oder allgemein zugänglichen Informationen bzgl. des Zielunternehmens, die ...