Rz. 118
Nach bisheriger Rechtsprechung (BGHZ 134, 34; BGH NJW 1996, 2508; BGH v. 20.10.2011 – III ZR 252/10; BGH v. 17.4.2012 – VI ZR 108/11) beginnt die Verjährung im Verhältnis SVT und Schädiger/Haftpflichtversicherer erst zu laufen, wenn der zuständige Regresssachbearbeiter Kenntnis von Schaden und Schädiger hat. Die Zurechnung des Wissens eines Sachbearbeiters setzt voraus, dass dieser mit der Betreuung und Verfolgung der in Frage stehenden Regressforderung in eigener Verantwortung betraut worden ist, sodass Kenntnisse aus einer vorangegangenen Bearbeitung des Regresses von Krankheitskosten nicht zu einer Verjährung von Regressansprüchen der Pflegekasse führen, wenn derselbe Sachbearbeiter erst später mit der Geltendmachung der Ansprüche aus der Pflegekasse betraut und damit zuständig wird (BGH v. 15.3.2011 – VI ZR 162/10 – VersR 2011, 682 = zfs 2011, 438). Dies führt z.T. zu wenig überzeugenden Ergebnissen, dass zwar im Hause des SVT (bei der Leistungsabteilung) seit Jahren schon genaue Kenntnis über die Haftungsvoraussetzungen vorlag, diese aber so lange nicht die Verjährung hat beginnen lassen, wie diese Kenntnis nicht zu einer anderen Abteilung im Hause des SVT (der Regressabteilung) gelangt ist.
Rz. 119
Diese BGH-Rechtsprechung lässt sich bei einer gesetzlichen Regelung, welche die Verjährung schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis beginnen lässt, so nicht mehr aufrechterhalten. Es sind die Grundsätze zum Organisationsverschulden heranzuziehen, d.h. es ist als grob fahrlässig zu qualifizieren, wenn Drittleistungsträger (Sozialversicherer) keine nahe liegende Vorsorge treffen, dass ihre Leistungsabteilungen die mit der Regressdurchführung beauftragten Personen (rechtzeitig) informieren. Es ist sicherlich keine besonders aufwändige und schwierige Organisationsmaßnahme, wenn die Leistungsabteilung eines SVT bei einer Leistungsgewährung, die in einem Zusammenhang mit einem Unfall steht, die Regressabteilung zu informieren hat. Dies ist so nahe liegend, dass das Unterlassen einer solchen Organisation als grob fahrlässig qualifiziert werden muss (in diese Richtung auch BGH v. 17.4.2012 – VI ZR 108/11).
Rz. 120
Man kann die Auffassung vertreten, dass die Rechtsprechung die Neuregelung hätte zum Anlass nehmen können, "die Schwäche der bisherigen Rechtsprechung, nach der Behördenschlamperei oftmals ohne Folgen blieb", zu beseitigen. Es ist durchaus denkbar, dass der zuständige Sachbearbeiter (Regresssachbearbeiter) für Kenntnisdefizite aufkommen muss, die im behördeninternen Informationsfluss durch grobe Fahrlässigkeit aufgetreten sind. Daher ist ein Verjährungsbeginn gem. § 199 BGB bereits dann anzunehmen, wenn eine grob fahrlässige Unkenntnis der Mitarbeiter der für den Regress zuständigen Organisationseinheit vorliegt, wie auch der BGH inzwischen anerkannt hat (BGH v. 17.4.2012 – VI ZR 108/11 – VersR 2012, 1005; BGH v. 25.7.2017 – VI ZR 433/16 – VersR 2017, 1486 Rn 34).
Zum originären Regressanspruch des Sozialversicherungsträgers gem. § 113 S. 1 SGB VII (bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten des Unfallverursachers) vgl. die aktuelle Entscheidung des BGH v. 25.7.2017 (VI ZR 433/16 – VersR 2017, 1486).