Rz. 28
Die Verfahrensgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Die Höhe der vollen Verfahrensgebühr beträgt im erstinstanzlichen Verfahren grundsätzlich 1,3 (Nr. 3100 VV). Unter bestimmten Voraussetzungen reduziert sich die Gebühr auf 0,8 (Nr. 3101 VV) (siehe Rdn 114 ff., 240 ff.)
Beispiel 1: Verfahrensgebühr
Der Anwalt reicht eine Klage in Höhe von 10.000,00 EUR ein. Bevor es zu einem Termin kommt, nimmt er auftragsgemäß die Klage zurück.
Es entsteht die volle 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, da die Klage bereits eingereicht ist.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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798,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
818,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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155,46 EUR |
Gesamt |
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973,66 EUR |
Rz. 29
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, erhöht sich die Verfahrensgebühr um 0,3 je weiteren Auftraggeber, wenn der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist (Nr. 1008 VV). Unzutreffend wäre es, eine gesonderte Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV abzurechnen. Eine solche Erhöhungsgebühr gibt es nicht, es gibt nur eine erhöhte (einheitliche) Verfahrensgebühr (siehe dazu auch Beispiel 4).
Beispiel 2: Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern, derselbe Gegenstand
Der Anwalt erhält von zwei Gesamtschuldnern den Auftrag, sie gegen eine Klage in Höhe von 10.000,00 EUR zu vertreten. Der Anwalt bestellt sich und reicht einen Schriftsatz ein, in dem er die Zurückweisung der Klage beantragt. Hiernach nimmt die Gegenseite die Klage zurück, ohne dass es zu einem Termin gekommen war.
Die 1,3-Verfahrensgebühr erhöht sich für den Anwalt der Beklagten nach Nr. 1008 VV um 0,3 auf 1,6. Unzutreffend wäre es, eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV sowie eine 0,3-Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV abzurechnen, obwohl das Ergebnis hier dasselbe wäre.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
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982,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.002,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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190,46 EUR |
Gesamt |
|
1.192,86 EUR |
Rz. 30
Die Erhöhung greift auch dann, wenn der Anwalt bereits außergerichtlich tätig war und dort bereits eine nach Nr. 1008 VV erhöhte Geschäftsgebühr verdient hatte (siehe dazu § 8 Rdn 48). Die Erhöhung nach Nr. 1008 VV kann in jeder Angelegenheit erneut entstehen.
Rz. 31
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände, so kommt eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV nicht in Betracht. Stattdessen sind die Streitwerte der einzelnen Ansprüche nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
Beispiel 3: Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern, unterschiedliche Gegenstände
Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber, die auf Unterlassung verklagt worden sind (Wert eines jeden Unterlassungsanspruchs: 10.000,00 EUR). Bevor es zu einem Termin kommt, wird die Klage zurückgenommen.
Mehrere Unterlassungsansprüche sind grundsätzlich verschiedene Gegenstände, da jeder Unterlassungsschuldner nur die eigene Unterlassung schuldet. Die Verfahrensgebühr erhöht sich daher für den Anwalt der Beklagten nicht nach Nr. 1008 VV. Vielmehr sind die Streitwerte der einzelnen Ansprüche nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG zu addieren. Es entsteht also nur eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus dem Gesamtwert von 20.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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1.068,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.088,60 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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206,83 EUR |
Gesamt |
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1.295,43 EUR |
Rz. 32
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber zum Teil wegen desselben und zum Teil wegen verschiedener Gegenstände, so ist die Berechnung umstritten. Nach einer Auffassung ist aus dem Gesamtwert die einfache 1,3-Gebühr zu berechnen und aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung eine "Erhöhungsgebühr". Zutreffend ist es jedoch, nach Teilwerten abzurechnen, da es eine "Erhöhungsgebühr" nicht gibt. Aus dem Teilwert der einfachen Beteiligung ist lediglich die einfache 1,3-Verfahrensgebühr abzurechnen und aus dem Teilwert der gemeinschaftlichen Beteiligung die entsprechend nach Nr. 1008 VV erhöhte Verfahrensgebühr. Insgesamt darf der Anwalt jedoch nach § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als eine Gebühr nach dem höchsten Gebührensatz aus dem Gesamtwert (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 GKG) berechnen.
Beispiel 4: Verfahrensgebühr, mehrere Auftraggeber, derselbe Gegenstand und unterschiedliche Gegenstände (I)
Der Anwalt erhält in einer Verkehrsunfallsache von dem geschädigten Eigentümer den Auftrag, Schadensersatz in Höhe von 12.000,00 EUR einzuklagen. Später erhebt der Unfallgegner Widerklage in Höhe von 7.000,00 EUR gegen den geschädigten Eigentümer als Halter sowie Drittwiderklage gegen den Fahrer und den Haftpflichtversicherer. Der Anwalt erhält auch das Mandat für den Fahrer und den Haftpflichtversicherer. Nach mündlicher Ver...