Rz. 172
Zeigt der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft entgegen § 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig an und ergeht daraufhin im schriftlichen Vorverfahren auf Antrag des Klägers, der bereits in der Klageschrift gestellt werden kann, nach § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil, so wird hierdurch ebenfalls nur die 0,5-Terminsgebühr ausgelöst. Dies folgt aus Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3105 VV.
Rz. 173
Unerheblich ist insoweit, ob ein Versäumnisurteil in vollem Umfang ergeht oder ob nach § 331 Abs. 3 S. 3 ZPO die Klage hinsichtlich einer Nebenforderung abgewiesen wird.
Beispiel 101: Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren auf Antrag des Klägers
Der Kläger reicht eine Klage über 10.000,00 EUR ein und beantragt für den Fall, dass die Verteidigungsbereitschaft nicht angezeigt wird, den Erlass eines Versäumnisurteils. Der Beklagte zeigt die Verteidigungsbereitschaft nicht an, sodass ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergeht.
Es gilt Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3105 VV. Die Terminsgebühr entsteht nur zu 0,5.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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798,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV |
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307,00 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.125,20 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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213,80 EUR |
Gesamt |
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1.339,00 EUR |
Rz. 174
Erlässt das Gericht ein Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren, obwohl dies nicht beantragt war, so entsteht gleichwohl die 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV, da es auf einen Antrag nicht (mehr) ankommt. Ebenso wenig wie nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV (im Falle eines Anerkenntnisurteils) ein Antrag oder eine Anregung des Anwalts erforderlich ist, setzt Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3105 VV einen Antrag voraus; es kommt nur darauf an, dass das Versäumnisurteil erlassen wird: "eine Entscheidung gemäß § 331 Abs. 3 ZPO ergeht."
Beispiel 102: Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ohne Antrag
Der Anwalt reicht für den Kläger Klage ein und vergisst, den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils zu stellen. Das Gericht übersieht den fehlenden Antrag und erlässt routinemäßig nach Ablauf der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft das Versäumnisurteil.
Es gilt wiederum Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3105 VV. Die Terminsgebühr entsteht nur zu 0,5.
Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 101.
Rz. 175
Wird das Versäumnisurteil zwar erlassen, aber nach § 331 Abs. 3 S. 3 ZPO die Klage hinsichtlich einer Nebenforderung abgewiesen, gilt nichts anderes. Es bleibt bei einer 0,5-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert. Aus dem abgewiesenen Teil entsteht nicht etwa die volle 1,2-Terminsgebühr.
Beispiel 103: Antrag auf Versäumnisurteil im Termin, Versäumnisurteil wird erlassen, allerdings unter Abweisung einer Nebenforderung
Eingeklagt sind 10.000,00 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten. Das Gericht weist darauf hin, dass es die Zinsforderung und die Forderung auf Ersatz der vorgerichtlichen Kosten für unschlüssig halte. Der Kläger bleibt bei seiner Auffassung. Daraufhin ergeht ein Versäumnisurteil, mit dem der Beklagte zur Zahlung der 10.000,00 EUR verurteilt wird, gleichzeitig aber auch die Klage hinsichtlich der Zinsen und der vorgerichtlichen Kosten abgewiesen wird.
Es entsteht wiederum nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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652,60 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV |
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251,00 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
923,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
175,48 EUR |
Gesamt |
|
1.099,08 EUR |
Rz. 176
Ergeht im vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO ein Versäumnisurteil, so wird – ungeachtet des Wegfalls der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3105 VV – lediglich eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr verdient. Dieser Fall darf nicht mit der Konstellation verwechselt werden, dass sich der Beklagte im Verfahren nach § 495a ZPO nicht meldet und ein Schlussurteil ergeht (siehe Rdn 165).