Rz. 48

Den Rechtsanwalt trifft grundsätzlich die Verpflichtung, sich alle notwendigen Rechtskenntnisse[40] anzueignen, die er für die Überprüfung der Rechtslage und des Auftrags seines Mandanten benötigt. So wird vorausgesetzt, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich über die Kenntnis aller deutschen Gesetze,[41] gegebenenfalls auch der anderen Staaten, der höchstrichterlichen Rspr. und der gesamten Rechtsliteratur verfügt. So muss eine höchstrichterliche Rspr. dem Rechtsanwalt z.B. dann bekannt sein, wenn die Entscheidung in einer allgemeinen juristischen Zeitschrift veröffentlicht wurde.[42] Nach Ansicht des BGH ist es aber nicht notwendig, dass der Rechtsanwalt eine höchstrichterliche Entscheidung kennt, die lediglich in einer Spezialzeitschrift veröffentlicht wurde.[43] Dies dürfte aber vor dem Hintergrund, dass der Rechtsanwalt heutzutage mit einer Spezialisierung wirbt (Tätigkeitsschwerpunkt, Interessensschwerpunkt) als überholt anzusehen sein. Gibt der Rechtsanwalt dem Mandanten zu erkennen, dass er z.B. Fachanwalt für Erbrecht ist, oder sich davon unabhängig auf das Erbrecht spezialisiert hat, dann muss er auch die in seinem Bereich in "Spezialzeitschriften" veröffentlichten Entscheidungen kennen. Handelt es sich ferner um ein Rechtsgebiet, für das i.d.R. das OLG die letzte Instanz ist, z.B. im Erbscheinsverfahren, dann muss der Rechtsanwalt Kenntnis der einschlägigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte haben. Ebenso ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Meinungsstand in der Rechtsliteratur zu kennen.

[40] Eine Verpflichtung des Rechtsanwalts zur Fortbildung ist zwischenzeitlich in § 43a Abs. 6 BRAO festgelegt.
[41] Nach OLG Hamm VersR 1981, 936 muss der Anwalt z.B. eine lückenlose Gesetzeskenntnis des BGB haben.
[42] BGH NJW 1983, 1665; OLG Düsseldorf VersR 1980, 359.
[43] BGH VersR 1979, 232.

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