Rz. 197
Das amtliche bzw. notarielle Nachlassverzeichnis ist eine Beurkundungshandlung, wofür also der Notar zuständig ist (§ 20 Abs. 1 BNotO). Es reicht nicht aus, wenn der Erbe ein privatschriftlich erstelltes Nachlassverzeichnis mit einer notariell beglaubigten Unterschrift versieht.
Nach § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BeurkG hat der Notar das von ihm aufzunehmende Vermögensverzeichnis als Bericht über seine eigenen Wahrnehmungen anzufertigen. Fehlerhaft wäre es also, wenn der Notar nur Erklärungen des Erben beurkunden würde. Das Verzeichnis sollte auch nur vom Notar unterzeichnet sein.
Rz. 198
Insgesamt muss sich aus dem Verzeichnis ergeben, dass der Notar für den Inhalt verantwortlich ist. Der Notar muss, da er selbst verantwortlich ist, sorgfältig ermitteln und notfalls eigene Ermittlungen tätigen. Wie weit die Ermittlungen gehen, hängt vom Einzelfall ab. Naheliegende Nachforschungen, die ein objektiver Dritter in dieser Lage durchführen würde, muss auch der Notar vollziehen. Er unterliegt hier der vollen gerichtlichen Überprüfung, ob er alle notwendigen und erforderlichen Ermittlungen und Feststellungen tatsächlich getroffen hat.
Ermittlungen des Notars gehen natürlich über die Befragung der Beteiligten hinaus; so muss er die entsprechenden Register einsehen, Auskünfte bei den Banken, mit denen der Erblasser in Geschäftsbeziehung stand, einholen. Zu letzterem Punkt ist allerdings zu bemerken, dass der Notar hier keine sog. Rasterfahndung betreiben muss. Letztlich entscheidet der Notar unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände nach eigenem Ermessen, welche konkreten Ermittlungen er vornimmt.
Rz. 199
Der Auskunftsverpflichtete hat gem. § 2003 Abs. 2 BGB die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und den Notar zu unterstützen. Er muss den Notar über den Nachlassbestand, Schenkungen, Zuwendungen des Erblassers vollständig und wahrheitsgemäß informieren. Hier ist grundsätzlich die persönliche Anhörung des Auskunftsverpflichteten erforderlich; ein Vertreter verfügt in der Regel nicht über das nötige Wissen.
Wirkt der Auskunftsverpflichtete nicht mit, könnte der Notar zwar grundsätzlich die Aufnahme des Verzeichnisses ablehnen. Das kann er aber nur, wenn eine komplette Verweigerung der Auskunft vorliegt. Wenn z.B. mitgeteilt wird, die Erbin habe keinerlei Nachlassgegenstände in ihrem Haushalt, ist der Notar gleichwohl in der Lage, unter Zugrundelegung der übrigen Angaben der Auskunftsverpflichteten ein Nachlassverzeichnis zu errichten. Er hat dann auf die unterbliebene Mitwirkung der Auskunftsverpflichteten hinzuweisen. Ein amtliches/notarielles Nachlassverzeichnis kann daher ausschließlich auf den Angaben des Erben beruhen, wenn dem Notar keine anderweitigen erfolgversprechenden Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, insbesondere bei längerem Zurückliegen des Erbfalls und dann, wenn die Erbschaftsgegenstände bereits unter den Erben verteilt sind oder nicht mehr existieren.