Rz. 230
Nach § 3 Abs. 4 d ARB besteht kein Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer in eigenem Namen Ansprüche anderer Personen geltend macht oder in die Haftung für Verbindlichkeiten anderer Personen genommen wird.
Rz. 231
Diese Klausel will, ähnlich § 3 Abs. 4 c ARB, in ihrer ersten Alternative verhindern, dass der nicht versicherte eigentliche Rechtsinhaber in den Genuss der Versicherungsleistung kommt, indem an seine Stelle eine versicherte Person tritt, die den Anspruch geltend macht. Die Klausel will ausschließen, dass ein nicht rechtsschutzversicherter Rechtsinhaber durch rechtliche Gestaltung seine Klagebefugnis auf einen Rechtsschutzversicherten verlagert. Daher ist bedingungsgemäß auch keine Deckung zu gewähren, wenn Ansprüche verfolgt werden, die der Versicherungsnehmer an einen Dritten abgetreten hat, um die Zeugenstellung zu erlangen, selbst wenn der Zeugenstatus die Aussicht verbessert, den Anspruch durchzusetzen. In solchen Fällen ist daher zwingend vor einer Abtretung eine entsprechende Vereinbarung mit dem Rechtsschutzversicherer zu treffen.
Rz. 232
Einen besonderen Fall hatte der BGH zu entscheiden: Ein rechtsschutzversicherter Vater hatte einen Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen, in den seine Tochter eingeschlossen war. Die Tochter hatte versucht, sich das Leben zu nehmen. Sie legte sich auf die Gleise und ließ sich von einem Zug überrollen, überlebte aber, ihre beiden Beine wurden abgetrennt. Der Vater wollte die Versicherungsansprüche der mitversicherten Tochter gegen den privaten Unfallversicherer gerichtlich geltend machen. Sein Rechtsschutzversicherer verweigerte Rechtsschutz, da die Tochter wegen der vorliegenden Fremdversicherung als lediglich Mitversicherte die Rechte gem. § 12 I AUB 94 nicht geltend machen kann und der als Versicherungsnehmer allein aktivlegitimierte Vater im eigenen Namen einen – gem. § 44 Abs. 1 VVG materiell der Tochter zustehenden – "fremden" Anspruch i.S.d. § 3 Abs. 4 d ARB geltend machte. Der BGH gab der Deckungsklage gegen den Rechtsschutzversicherer dennoch statt. Er legte die Ausschlussklausel einschränkend aus und stellte fest, dass es bei der Fremdversicherung nicht um Ansprüche Dritter gehe, die durch § 4 Abs. 2 c ARB 75 (entspricht § 3 Abs. 4 d ARB) vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden sollten. Die Ausübung der Rechte des Mitversicherten aus der Unfallversicherung stehe nämlich von vornherein dem Versicherungsnehmer zu; diese Rechtslage sei nicht erst nachträglich durch eine Übertragung der Rechte Dritter auf den Versicherungsnehmer entstanden. Von einer Verlagerung der Kosten auf den Rechtsschutzversicherer könne dementsprechend keine Rede sein. Die Ausschlussklausel ist auch dann nach Sinn und Zweck nicht anwendbar, wenn der Versicherte im Wege der Drittschuldnerklage nach Pfändung den ihm zur Einziehung überwiesenen Anspruch des ursprünglichen Gläubigers geltend macht. Schließlich greift der Ausschluss des § 4 Abs. 4 d ARB auch dann nicht ein, wenn der Versicherungsnehmer einen versicherten Anspruch sicherungshalber an einen Prozessfinanzierer abtritt, da eine Verlagerung der Prozesskostenlast von einer nicht versicherten Person auf den Versicherungsnehmer – und damit letztlich auf den Rechtsschutzversicherer – nicht erfolgt, sondern der Versicherungsnehmer originär eigene Ansprüche verfolgen will, die er lediglich zur Sicherheit an einen Dritten übertragen hat.
Rz. 233
Die zweite Alternative des § 3 Abs. 4 d ARB – Haftung für fremde Verbindlichkeiten – liegt insbesondere vor, wenn der Bürge Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit dem Gläubiger aufgrund des Bürgschaftsvertrages begehrt (gem. § 4 Abs. 1 h ARB 75 ein eigener Risikoausschluss). Der Ausschluss bezieht sich aber nicht auf die Rechtsposition des versicherten Gläubigers oder des versicherten Schuldners. Anders insoweit allerdings § 4 Abs. 1 h ARB 75, der einen weiter gehenden Ausschluss ohne Beschränkung auf die Schuldnerstellung regelt ("Wahrnehmung von Interessen aus …verträgen"). Unter den Risikoausschluss fällt auch die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Schuldübernahmeverträgen, soweit es um die Rechtsposition des Schuldübernehmers geht.
Rz. 234
Hinweis
Befriedigt der Bürge den Gläubiger, so geht dessen Forderung gegen den Schuldner auf den Bürgen über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB). Ob die sich hieraus anschließende Auseinandersetzung des Bürgen mit dem Schuldner unter den Risikoausschluss des § 3 Abs. 4 d ARB fällt, ist fraglich. Es liegt aber auf jeden Fall der Risikoausschluss des § 3 Abs. 4 c ARB vor.