Rz. 355
Die Klausel ist in erster Linie anwendbar beim Abschluss gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleiche. Ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB liegt auch dann vor, wenn die Parteien eines auf ein Bescheidungsurteil gerichteten öffentlich-rechtlichen Rechtsstreits sich auf die Aufhebung eines bestehenden Widerspruchsbescheides sowie die einseitige Verpflichtung zur Neubescheidung einigen. Streitig ist allerdings, ob die Klausel darüber hinaus auch beim lediglich einseitigen Nachgeben bzw. Sich-zufrieden-geben des Versicherungsnehmers bzw. des Gegners anzuwenden ist.
Rz. 356
Beispiel
Der Gegner hat den wesentlichen Teil der Forderungen reguliert und der Versicherungsnehmer nimmt von einer Weiterverfolgung Abstand, ohne dass es zu einem Vergleichsschluss kommt. Bei dieser Sachlage wird argumentiert, wegen des faktisch (nahezu) vollständigen Obsiegens des Versicherungsnehmers gem. § 5 Abs. 3 b ARB habe der Rechtsschutzversicherer keine Kosten zu tragen und der Versicherungsnehmer eventuelle Vorschüsse zurückzuzahlen.
Rz. 357
Aus dem einhelligen Ziel der Vorschrift, "unnötige" Kostenzugeständnisse des Versicherungsnehmers zulasten der Versichertengemeinschaft zu vermeiden, ergibt sich jedoch, dass die Klausel über den Hauptanwendungsfall des Vergleichs hinaus nur dann eingreifen kann, wenn eine – ausdrückliche oder konkludente – Regelung über die Kosten erfolgt ("Zugeständnis"). Eine solche ist durch Vertrag oder auch einseitig durch Verzicht des Versicherungsnehmers denkbar. Falls sich demgegenüber der Versicherungsnehmer keinerlei (eventueller) Kostenerstattungsansprüche begibt, ist die Klausel nicht anzuwenden. Im Ergebnis muss in diesen Fällen der Rechtsschutzversicherer zur uneingeschränkten Leistung verpflichtet bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Gegenseite bestehen. Der Versicherer kann sodann entscheiden, inwieweit eventuelle Kostenerstattungsansprüche aus übergegangenem Recht weiterhin geltend gemacht werden sollen. Der Versicherungsnehmer hat ihn gem. § 17 Abs. 8 S. 2 ARB bei der Durchsetzung zu unterstützen. Allein diese Auslegung wird dem Ziel der Rechtsschutzversicherung gerecht, grundsätzlich dem Versicherungsnehmer auch das Risiko der Realisierbarkeit von Kostenerstattungsansprüchen abzunehmen. Zwischenzeitlich hat auch der BGH bestätigt, dass die Anwendbarkeit von § 5 Abs. 3 b ARB voraussetzt, dass durch den Versicherten ein – ausdrückliches oder konkludentes – Kostenzugeständnis erfolgt ist. Darüber hinaus wurde vom BGH inzwischen auch die entsprechende Streitfrage dahingehend entschieden, dass die Anwendung der Klausel bei einer Kostenaufhebung bei außergerichtlicher Einigung voraussetzt, dass ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner bestand, da anderenfalls kein Kostenzugeständnis des Versicherungsnehmers vorliegen könne.
Rz. 358
In der Praxis werden gelegentlich gerichtliche Vergleiche unter ausdrücklichem Offenlassen der Kostenregelung geschlossen und anschließend die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Gericht hat dann über die Kosten gem. § 91a ZPO zu entscheiden, wobei andere Kriterien als im Rahmen des § 5 Abs. 3 b ARB eine Rolle spielen. Obwohl diese Vorgehensweise den Intentionen des § 5 Abs. 3 b ARB widerspricht, soll der Rechtsschutzversicherer an die Kostenentscheidung des Gerichts gem. § 5 Abs. 1 h ARB gebunden sein.
Rz. 359
Hinweis
Auf Vergleiche im Arbeitsgerichtsverfahren erster Instanz ist § 5 Abs. 3 b ARB nicht anwendbar, da eine Kostenerstattung in diesem Verfahren kraft Gesetzes nicht stattfindet (§ 12a Abs. 1 S. 2 ArbGG).