Rz. 191
Fraglich ist, wie weit der "ursächliche Zusammenhang" in § 3 Abs. 1 d ARB auszudehnen ist. Wie bereits oben (siehe Rdn 178) angesprochen, wäre selbst bei erforderlicher adäquater Kausalität noch ein sehr weit gehender Ausschluss anzunehmen. So würde z.B. der Bauausschluss eingreifen, wenn sich der Versicherungsnehmer von einem Schrottplatz Material für seine baugenehmigungspflichtige Maßnahme beschafft und dort durch das schuldhafte Verhalten eines Kranführers verletzt wird. Es fällt schwer, den Ausschluss bei einem solchen, eher zufälligen Zusammenhang mit der Baumaßnahme und Verletzung des Versicherungsnehmers "bei Gelegenheit" dieses lediglich durch die Baumaßnahme motivierten Schrottplatzbesuchs zu akzeptieren. Nach der Rechtsprechung des BGH sind sekundäre Risikobegrenzungen (Risikoausschlüsse) im Zweifel eng auszulegen, nämlich nicht weiter, "als der erkennbare Zweck der Klausel es gebietet". Daher ist der "ursächliche Zusammenhang" unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Ausschlussklausel restriktiv auszulegen. Durch den Baurisikoausschluss sollen die schwer kalkulierbaren, mit Bauvorhaben zusammenhängenden erheblichen Streitpotenziale ausgeschlossen werden, da sie nur einen kleinen Teil der Versichertengemeinschaft betreffen. Dementsprechend ist der "ursächliche Zusammenhang" mit den in § 3 Abs. 1 d aa bis cc ARB genannten Baumaßnahmen nur dann anzunehmen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Versicherungsfall und den Besonderheiten des ausgeschlossenen Risikos besteht, sich also das typische (spezifische) Baurisiko realisiert hat.
Der BGH hat in einer jüngsten Entscheidung klargestellt, dass der "ursächliche Zusammenhang" nicht mehr besteht, wenn Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Rechtsanwalt begehrt wird, der in einem Rechtsstreit, welcher Vorhaben oder Finanzierungsverhältnisse i.S.v. § 3 Abs. 1 d aa bis dd ARB betrifft, anwaltliche Pflichten verletzt haben soll. Obwohl der BGH in dieser für die Praxis wichtigen Entscheidung meint, offen gelassen zu haben, inwieweit die Ausschlüsse gem. § 3 Abs. 1 d aa bis cc ARB einen Bezug zu einem spezifischen Baurisiko voraussetzen, lassen die Ausführungen das Erfordernis eines solchen Bezugs klar erkennen. Denn nach der Auslegung des BGH entsprechend dem Empfängerhorizont des VN sieht dieser lediglich einen Ausschluss für den "Baurisikobereich", dem er nicht Fälle eines Schadensersatzanspruchs aufgrund anwaltlicher Pflichtverletzung zuordnet, bei denen Fragen aus dem "Baurisikobereich" lediglich sekundär, etwa bei der Feststellung des Schadens, an Bedeutung gewinnen. Damit sind auch Auseinandersetzungen aus sonstigen vertraglichen Verhältnissen (z.B. mit dem privaten Unfallversicherer aufgrund eines Sturzes auf dem Bau) eindeutig nicht vom Ausschluss erfasst. Als weiteres interessantes Argument weist der BGH auf die gesonderte Regelung in § 3 Abs. 1 d dd ARB (Baufinanzierung) hin. Aufgrund der damit ausdrücklichen "über das spezifische Baurisiko hinausgehenden Ausdehnung" dürfe "der VN davon ausgehen, dass eine weitere Ausdehnung, die auch den hier in Rede stehenden Regressanspruch gegen den einen Bauprozess führenden Rechtsanwalt erfasst, mangels Aufnahme in § 4 Abs. 1 k ARB 75 [entspricht § 3 Abs. 1 d ARB 94] gerade nicht erfolgt ist". Aufgrund dieser Ausführungen des BGH ist im Wege des Umkehrschlusses im Ergebnis davon auszugehen, dass mit Ausnahme des Baufinanzierungsausschlusses gem. § 3 Abs. 1 d dd ARB der Baurisikoausschluss die Realisierung eines spezifischen Baurisikos voraussetzt.
Rz. 192
Einen interessanten Ansatz der restriktiven Auslegung wählt das OLG Köln. Es weist zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen deren Entstehungsgeschichte nicht berücksichtigt werden dürfe, da sie der durchschnittliche verständige Versicherungsnehmer nicht kennt. Folglich lese dieser in den ARB 94 unbefangen die Formulierung "ursächlicher Zusammenhang", ohne zu wissen, dass in den ARB 75 hiervon abweichend die Formulierung "unmittelbarer Zusammenhang" verwendet wurde. Dementsprechend könne sich ihm keineswegs erschließen, dass bei dem geforderten "ursächlichen Zusammenhang" mit bestimmten Baumaßnahmen auch nur mittelbar betroffene und nicht mit dem typischen Risiko der genannten Maßnahmen zusammenhängende Risiken ausgeschlossen sein sollen. Nimmt man die Auslegungsgrundsätze des BGH ernst, lässt sich auch diese Argumentation nicht von der Hand weisen. Denn der verständige Versicherungsnehmer wird beim Baurisikoausschluss aufgrund des "erkennbaren Sinnzusammenhangs" (Ausschluss der besonders kostenträchtigen und daher nicht kalkulierbaren mit Bauvorhaben zusammenhängenden Risiken, die nur einen kleinen Teil der Versichertengemeinschaft betreffen) von einem in den ARB gemeinten sachlichen und nicht nur zufälligen Zusammenhang mit dem besonders hohen typischen Risiko bei Baumaßnahmen ausgehen.
Rz. 193
Will d...