Rz. 22
Die vorläufige Deckung endet gem. § 52 VVG bei
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Beginn eines gleichartigen Versicherungsschutzes aufgrund des Hauptvertrages oder eines anderweitigen vorläufigen Deckungsvertrages bei demselben oder bei einem anderen Versicherer, § 52 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 VVG |
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Zahlungsverzug hinsichtlich der Prämie, § 52 Abs. 1 S. 2 VVG |
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Zugang eines Widerrufs gem. § 8 VVG oder Widerspruchs gem. § 5 Abs. 1, 2 VVG (bei Abweichungen zwischen Versicherungsantrag und Versicherungsschein), § 52 Abs. 3 VVG |
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Kündigung durch eine Vertragspartei (für den Versicherer jedoch nur mit einer Frist von zwei Wochen möglich), § 52 Abs. 4 VVG. |
Rz. 23
Durchaus bemerkenswert erscheint, dass die vorläufige Deckung im Falle eines Vertrages mit einem anderen Versicherer endet, obwohl der Versicherer dies zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß. Dementsprechend besteht eine Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers gem. § 52 Abs. 2 S. 2 VVG.
Rz. 24
Auch hier stellt sich wiederum die Frage, was unter "gleichartigem" Versicherungsschutz zu verstehen ist. So ist ein Hauptvertrag ohne Kaskoversicherung zweifellos nicht "gleichartig" zu einer vorläufigen Deckung mit Kaskoversicherungsschutz, sodass die vorläufige Deckung bezogen auf die Kaskoversicherung ohne Vorliegen eines entsprechenden Beendigungstatbestandes (in der Regel Kündigung) im Zweifel nicht enden wird. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der Kfz-Haftpflicht- und der Kfz-Kaskoversicherung rechtlich um selbstständige Verträge handelt, selbst wenn sie üblicherweise in einem Versicherungsschein policiert werden.
Rz. 25
Jedoch bleibt auch innerhalb des Bereichs der Kaskoversicherung wiederum die Frage der Gleichartigkeit im Hinblick auf die unterschiedlichen Selbstbeteiligungen. Im Zweifel kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Hauptvertrag mit einer höheren Selbstbeteiligung zu einer vorläufigen Deckung mit niedrigerer Selbstbeteiligung gleichartig ist.
Hinweis
Es bleibt daher bei nicht umfassenden Vereinbarungen zum Zeitpunkt der vorläufigen Deckungserteilung stets kritisch zu prüfen, ob sich bei einem späteren Versicherungsfall darauf berufen werden kann, der vorläufige Deckungsvertrag bestehe mangels "gleichartigen" Versicherungsschutzes sowie mangels einer entsprechenden Kündigung weiter, und zwar gem. § 49 Abs. 2 VVG zu den dem Versicherungsnehmer günstigsten Bedingungen.
Dieses Problem muss von der Praxis noch gelöst werden.
Rz. 26
Bei einem Widerruf gem. § 8 VVG oder einem Widerspruch gem. § 5 Abs. 1, 2 VVG sollte sich der Versicherungsnehmer stets bewusst sein, dass dadurch der Versicherungsschutz in der vorläufigen Deckung endet. Ein rückwirkender Wegfall der vorläufigen Deckung bei Zahlungsverzug kann auch nach dem neuen VVG in den AKB geregelt werden (Rixecker, zfs 2007, 314, 315; Burmann/Heß/Höke/Stahl, S. 28, Rn 72; Marlow/Spuhl, S. 97) und ist auch entsprechend in B.2.4 AKB 2008 vorgesehen. Allerdings bleiben zusätzlich die Anforderungen der bisherigen Rechtslage bestehen, sodass der rückwirkende Wegfall gem. § 9 S. 2 KfzPflVV Folgendes voraussetzt:
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der Antrag auf den Hauptvertrag wurde unverändert angenommen |
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keine Zahlung der Erstprämie innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Police (B.2.4 S. 1 AKB 2008) |
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zutreffende Bezifferung und Kennzeichnung des Betrages, den der Versicherungsnehmer aufwenden muss, um Schutz aus vorläufiger Deckung zu behalten (separat für die KH-Versicherung!) |
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Verschulden des Versicherungsnehmers (B.2.4 S. 2 AKB 2008) |
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ausdrückliche schriftliche Rechtsfolgenbelehrung bei Anforderung der Erstprämie (separat für die KH-Versicherung!) |
Rz. 27
Die Beweislast für das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen liegt vollständig beim Versicherer (BGH VersR 1996, 445). In der Praxis bereiten immer wieder die strengen Anforderungen an die Aufschlüsselung der Prämie erhebliche Probleme. Nicht nur die Prämien für die einzelnen Sparten (Haftpflicht, Kasko, Unfall, Schutzbrief) sind getrennt auszuweisen, sondern bei gleichzeitiger Anforderung einer Erst- und einer Folgeprämie (z.B. wegen Ende des Versicherungsjahrs zum Kalenderjahresende) sind die Beträge auch jeweils gesondert auszuweisen, damit der Einlösungsbeitrag (Erstprämie) für jede Sparte deutlich wird.
Rz. 28
Da dem Versicherungsnehmer nur ein einheitliches Widerspruchsrecht bei seiner Bank zusteht, sind zudem für die Erst- und die Folgeprämie getrennte Lastschriften vorzunehmen, um dem Versicherungsnehmer zu ermöglichen, den Einlösungsbetrag (Erstprämie), nicht jedoch die Folgeprämie zu zahlen. Schließlich muss dem Versicherungsnehmer aus der Rechtsfolgenbelehrung deutlich werden, welchen Teilbetrag er zahlen muss, um sich (zumindest) den Schutz aus der KH-Versicherung zu erhalten.