Rz. 412
Gem. § 4 Abs. 3 a ARB ist zusätzlich zum Vorliegen des Versicherungsfalls in versicherter Zeit noch eine weitere Voraussetzung der Rechtsschutzdeckung zu beachten. Danach besteht kein Rechtsschutz, wenn eine vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommene Willenserklärung oder Rechtshandlung den Versicherungsfall ausgelöst hat.
Rz. 413
In Betracht kommen als derartige Willenserklärung/Rechtshandlung insbesondere:
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ein Leistungsantrag bei späterer Ablehnung der Leistung (z.B. Antrag auf Versicherungsleistung aus Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung, Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis); |
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eine Kündigung bei späteren Abwicklungsstreitigkeiten. |
Rz. 414
Die Willenserklärung/Rechtshandlung muss nicht vom Versicherungsnehmer selbst vorgenommen worden sein. Sie muss jedoch den Versicherungsfall ausgelöst haben, d.h. sie muss bereits ihrer Natur nach den "Keim" des späteren Rechtsverstoßes in sich tragen (OLG Hamm VersR 2001, 712).
Rz. 415
Beispiel
Der Versicherungsnehmer beantragt aufgrund eines Verkehrsunfalls aus dem Jahre 2001 im Jahre 2002 eine Invaliditätsleistung. Nach der Einholung mehrerer Gutachten lehnt der Unfallversicherer unberechtigt im Jahre 2004 endgültig eine Leistung ab. Im Jahre 2003 hatte der Versicherungsnehmer seine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen.
Rz. 416
Hier ist der Versicherungsfall zwar erst in der Ablehnung durch den Versicherer im Jahre 2004 zu sehen (behaupteter Rechtsverstoß). Rechtsschutz besteht jedoch trotzdem nicht, weil die konfliktauslösende Willenserklärung/Rechtshandlung (Versicherungsantrag) in vorvertraglicher Zeit liegt. Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass derjenige, der aufgrund einer solchen bereits erfolgten Willenserklärung/Rechtshandlung weiß, dass es später zu Streitigkeiten kommen kann (ein gestellter Antrag kann stets abgelehnt werden), sich nicht mehr in das bereits angelegte Risiko "hineinversichern" können soll.
Der BGH hat allerdings diese sog. Vorerstreckungsklausel zwischenzeitlich für intransparent und damit unwirksam erklärt (BGH VersR 2018, 992).