Rz. 426
Der Rechtsschutzversicherer kann die Deckung ablehnen, wenn die Interessenwahrnehmung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet oder mutwillig erscheint. Eine Erfolgsaussichtenprüfung findet allerdings nicht in den Leistungsarten des Straf-/OWi-Rechtsschutzes statt.
Hinweis
Das bedeutet, dass der Rechtsschutzversicherer im Bereich des Straf-/OWi-Rechtsschutzes keinerlei Begründung für die Einlegung eines Rechtsmittels verlangen kann. Selbst die Rechtsbeschwerde kann – im Falle ihrer Zulässigkeit – stets eingelegt werden, ohne dass es auf Erfolgsaussichten ankäme. Dies wird gelegentlich übersehen, weil nach den ARB 75 nur in den Tatsacheninstanzen keine Erfolgsaussichtenprüfung vorgesehen ist.
Rz. 427
Die Erfolgsaussichtenprüfung bezieht sich auf die rechtliche und die tatsächliche Seite des Falles. Es gelten dieselben Kriterien wie bei der Prozesskostenhilfe gem. § 114 Abs. 1 S. 2 ZPO. Folglich ist die Rechtsprechung zu übertragen, wonach schwierige Tat- und Rechtsfragen nicht im PKH-Verfahren abzuhandeln sind (BGH NJW 2003, 1192). Dies wird in der Praxis der Instanzgerichte leider immer wieder unberücksichtigt gelassen.
Rz. 428
Die Erfolgsaussichten beziehen sich grundsätzlich auch auf die Beweisbarkeit, allerdings darf keine Vorwegnahme der Beweisaufnahme erfolgen, was ebenfalls gelegentlich bei Vorliegen lediglich schriftlicher Zeugenaussagen in der Ermittlungsakte von den Instanzgerichten nicht hinreichend berücksichtigt wird.
Rz. 429
Eine Mutwilligkeit (bei allen Leistungsarten relevant) liegt vor, wenn der durch die Interessenwahrnehmung voraussichtlich entstehende Kostenaufwand unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Versichertengemeinschaft in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht.
Rz. 430
Für den Fall der Ablehnung mangels Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit stehen – je nach vereinbarten Bedingungen – zwei verschiedene Verfahren zur Verfügung, nämlich das Stichentscheidsverfahren (ARB 75) und das Schiedsgutachterverfahren (ARB 94). Die neueren ARB 2000 und 2008 (Musterbedingungen) sehen alternativ beide Verfahren vor, sodass sich jeder Versicherer für eines entscheiden kann.
Zu den Einzelheiten der Verfahren vgl. Schneider, in: van Bühren, § 13 Rn 491 ff.
Rz. 431
Hinweis
Der Versicherer ist verpflichtet, seine Ablehnung unter Darlegung der Gründe innerhalb von zwei bis drei Wochen nach vollständiger Informationserteilung einschließlich Belehrung über das vorgesehene Verfahren gem. § 128 S. 2 VVG gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erklären. Anderenfalls gilt das Rechtsschutzbedürfnis gem. § 128 S. 3 VVG als (endgültig) anerkannt.
Eine nachträgliche Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussichten erst im Prozess ist zu spät (BGH VersR 2003, 638, 639 – Reemtsma).