Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 50
Nach § 18 VersAusglG soll das Familiengericht bei Bagatellwerten vom Ausgleich der Anrechte absehen. Voraussetzung dafür ist, dass der Ausgleichswert eines Anrechts oder die Differenz der Ausgleichswerte beiderseitiger Anrechte gleicher Art gering ist. Für die Geringfügigkeit gibt § 18 Abs. 3 VersAusglG zwei unterschiedliche Grenzwerte vor, die beide an die allgemeine monatliche Bezugsgröße des § 18 Abs. 1 SGB IV gekoppelt sind. Welcher der beiden Grenzwerte entscheidend ist, hängt davon ab, ob der Versorgungsträger den Ausgleichswert des betroffenen Anrechts als Rentenbetrag oder in einer anderen Bezugsgröße i.S.d. § 5 Abs. 1 VersAusglG ermittelt hat.
Rz. 51
Zu unterscheiden ist zwischen einer geringfügigen Differenz der Ausgleichswerte beiderseitiger Anrechte (Absatz 1) und geringfügigen Ausgleichswerten einzelner Anrechte (Absatz 2). Kommen beide Varianten der Geringfügigkeit in Betracht, muss zunächst geprüft werden, ob die Differenz der Ausgleichswerte gleichartiger Anrechte gering ist (Absatz 1).
Rz. 52
Gleichartig im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG sind Anrechte aus der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung. Regelmäßig nicht gleichartig sind Anrechte aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst einerseits und Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung andererseits.
Rz. 53
Praxistipp:
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Das Gesetz räumt dem Familiengericht bei der Anwendung des § 18 VersAusglG ein Ermessen ein. |
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Das Familiengericht soll bei geringen Ausgleichswerten oder geringer Differenz der Ausgleichwerte von der Teilung der Anrechte absehen. Es kann von der Bagatellregelung aber abweichen, wenn der Ausgleich im Einzelfall geboten ist. Man muss deshalb in jedem Einzelfall prüfen, ob trotz geringer Differenz- bzw. Ausgleichswerte unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes und des Normzwecks, unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand für die Begründung von Kleinstanrechten zu vermeiden, ausnahmsweise ein Ausgleich geboten ist. |
Rz. 54
Ein Wertausgleich bei der Scheidung findet nach § 19 VersAusglG nicht statt, soweit Anrechte nicht ausgleichsreif sind. Für diese Anrechte bleibt nur der Ausgleich nach der Scheidung gemäß §§ 20 – 26 VersAusglG.
Rz. 55
Anrechte, bei denen zum Zeitpunkt der Ehescheidung nicht feststeht, ob und in welcher Höhe bei Eintritt des Versorgungsfalls Leistungen gezahlt werden, können im Rahmen des Wertausgleichs bei der Scheidung nicht berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere für ganz oder teilweise verfallbare Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes. Solchen Anrechten fehlt nach § 19 Abs. 2 Ziff. 1 VersAusglG die für den Wertausgleich bei der Scheidung erforderliche Ausgleichsreife.
Rz. 56
Nach § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, wenn eine Gesamtschau der beiderseitigen Verhältnisse und der Umstände des Einzelfalls eine Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz rechtfertigt, der Ausgleich also grob unbillig wäre. Die Vorschrift ist – inhaltlich weitgehend unverändert – an die Stelle des früheren § 1587c BGB getreten, so dass die dazu ergangene Kasuistik auf § 27 VersAusglG überragen werden kann.