Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 39
Nach der Ablehnung des Arbeitgebers steht dem Arbeitnehmer der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten offen (§ 15 Abs. 7 S. 7 BEEG).
Rz. 40
Der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung gem. § 15 Abs. 5–7 BEEG sieht nur einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Vertragsveränderung vor. Erst mit Rechtskraft des obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung als erteilt (§ 894 ZPO). Bis dahin verbleibt es bei der Pflicht, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Zahl von Wochenstunden wöchentlich zu arbeiten. Dies kann dazu führen, dass bei einer Teilzeitbeschäftigung im Rahmen der Elternzeit aufgrund des Zeitablaufs der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Teilzeitbeschäftigung ins Leere zu laufen "droht". Der Gesetzgeber sieht aber eben nicht ein einseitiges Gestaltungsrecht des Arbeitnehmers vor. Ob im Einzelfall dem Arbeitnehmer gestattet werden kann, bereits vor Rechtskraft des Urteils (§ 984 ZPO) der Arbeit im beantragten Umfang fernzubleiben, ist ggf. im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zu klären.
Rz. 41
Für die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit ist gemäß § 15 Abs. 6 BEEG ausschließlich die Leistungsklage die richtige Klageart. Im Klageantrag müssen die Dauer der gewünschten Arbeitszeit sowie Beginn und Ende der Arbeitszeitänderung angegeben werden. Die Neuverteilung der Arbeitszeit muss nicht für alle Teile der gewünschten Wochenarbeitszeit festgelegt werden. Vielmehr darf die Verteilung von einem Teil der Wochenstunden der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers nach billigem Ermessen (§ 106 S. 1 GewO i.V.m. § 315 Abs. 1 BGB) überlassen werden. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit soll nach § 15 Abs. 7 S. 3 BEEG zwar im Antrag angegeben werden. Der Arbeitnehmer ist dazu aber nicht verpflichtet. Der Klageantrag ist auch dann hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Kläger hinsichtlich der Arbeitszeitverteilung lediglich einen bestimmten Rahmen festgelegt wissen will. Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit kann eine unbillige oder fehlende Leistungsbestimmung des Arbeitgebers nach § 315 Abs. 3 BGB durch das Gericht ersetzt werden. Dazu muss ein Antrag auf Ersetzung der unbilligen oder fehlenden Leistungsbestimmung gestellt werden (Leistungsklage).
Rz. 42
Musterantrag
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag der Klägerin auf Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 25 Wochenstunden ab dem 25.6.2025 bis zum 24.10.2025 und auf 30 Wochenstunden ab dem 25.10.2025 bis zum 24.4.2026 zuzustimmen.
2. Für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. wird die Beklagte verurteilt, die Arbeitszeit der Klägerin auf Montag bis Freitag, 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr (ohne Pause) bzw. Montag bis Freitag, 8:00 Uhr bis 14:30 Uhr (mit Pause) einzuteilen.
Rz. 43
Die Klage ist nicht unbegründet, wenn eine rückwirkende Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit verlangt wird. Nach §§ 311a Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Die erstrebte Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 S. 1 ZPO führt zum Abschluss eines Vertrages, der rückwirkend Rechte und Pflichten begründet.
Rz. 44
Die Durchsetzung des Anspruches auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit erfolgt durch Leistungsklage gegen den Arbeitgeber auf Abgabe einer zustimmenden Willenserklärung. Das stattgebende Urteil ist nicht nach § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar, da eine Zwangsvollstreckung aus ihm nicht stattfindet. Vielmehr gilt die Willenserklärung mit der Rechtskraft des stattgebenden Urteils als abgegeben, § 894 Abs. 1 ZPO, d.h. die Zustimmung des Arbeitgebers gilt als erteilt.
Rz. 45
Trotz der Aufnahme in den Katalog der Anspruchsvoraussetzungen obliegt die Darlegung der Tatsachen, aus denen sich die entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe ergeben sollen, und deren Beweis dem Arbeitgeber. Es handelt sich um eine sog. negative Anspruchsvoraussetzung. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er behauptet, derartige entgegenstehende Gründe bestünden nicht. Inhalt und Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, aus denen sich die dringenden betrieblichen Ablehnungsgründe ergeben sollen, richten sich nach dem Lebenssachverhalt, auf den er die Zustimmungsverweigerung stützt. Die bloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit, genügt zur schlüssigen Darlegung der Zustimmungsverweigerung regelmäßig nicht. Vielmehr sind die zugrunde liegenden Tatsachen zu bezeichnen. Die Darlegungen unterscheiden sich insoweit nicht von dem nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotenen Vortrag zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung. Die Ausgangssituationen sind vergleichbar. In beiden Varianten geht es um den unbestimmten Rechtsbegriff "dringende betriebliche" Gründe bzw. Erfordernisse. Im Kündigungs...