Rz. 8
Ausgehend von unseren Erfahrungen möchten wir hier einen aktualisierten Blick auf die fachliche Beratung und Begleitung von Stiftungen werfen. Die Beratung im Zusammenhang mit Stiftungen ist nicht profan. Sie umfasst Stiftungsrecht (das neue BGB), Erbrecht (u.a. das Pflichtteilsrecht), Erbschaft- und Schenkungssteuerrecht, Einkommensteuerrecht, Körperschaftsteuerrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, ggf. Gesellschaftsrecht und vieles mehr. Die Beratung betrifft auch viele menschliche Aspekte. Das alles macht die Beratung hier so spannend.
I. Spezialisierte Beratung
Rz. 9
Vor allem im Anwaltsbereich werden nach wie vor weitere fachliche Spezialisierungen und zusätzliche Fachanwaltsbezeichnungen gefordert. Bei den Notaren ist das noch nicht so.
Eine rein fachlich spezialisierte Betrachtung verstellt nicht selten den Blick auf eine sinnvolle Lösung, die zu den Wünschen des Auftraggebers (Stifters) passt. Anstelle, jedenfalls aber neben die Spezialisierung auf rechtliche Fachgebiete sollte aus unserer Sicht eine Spezialisierung des Beraters auf Lebenssachverhalte treten, die eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und menschlichen Aspekte eines zu lösenden Problems oder Problembereichs fördert.
Ein aktueller, traditionell positiv besetzter und interessanter Lebenssachverhalt ist derjenige der Stiftungen mit seinen vielfältigen Facetten. Gefragt ist gestern wie heute die fachlich kompetente und engagierte Beraterpersönlichkeit, die sich in bestimmten Lebenssachverhalten nicht nur juristisch oder steuerlich auskennt, sondern die Sachverhalte aufgrund von Fachwissen und Erfahrung in ihrer Gänze erfasst.
Entsprechend spezialisierte Berater sind also in der Tat gefragt. Sie sollen vor allem Stiftungsorganmitgliedern, Mitstreitern bei Stiftungen und potentiellen Stiftern das Stiftungsrecht und das Stiftungswesen nahebringen. Mit laufender Fortbildung, wie sie gerade jetzt zum neuen Stiftungsrecht wieder akut ansteht, wird uns das gelingen.
Rz. 10
Von der sprichwörtlichen Stange geht es hier nicht. Es sind gerade bei Stiftungsprojekten individuelle Lösungen für den spezifischen Fall gefragt:
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Soll es eine rechtsfähige oder eine treuhänderische Stiftung sein? |
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Soll es eine Zustiftung oder ein Stiftungsfonds oder nur eine Spende sein? |
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Welche Stiftungszwecke sind zu erfüllen? |
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Welches Grundstockvermögen ist möglich und erforderlich? |
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Welche Organe soll die Stiftung haben? Wie sollen diese besetzt werden? |
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Ist der Stifter ausreichend vernetzt? |
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Kann er sich genau betrachtet eine Stiftung überhaupt leisten? |
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Was sagt die Familie dazu? Fühlt sie sich enteignet? |
Das sind nur einige Praxisbeispiele für typische Fragen die sich stellen. Jedes Stiftungsprojekt ist individuell zu betrachten.
II. Stiftungsreife
Rz. 11
Der ambitionierte Berater wird sich bei der rechtsfähigen Stiftung zudem davon überzeugen, dass der Stifter die notwendige Stiftungsreife mitbringt. Es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass es Aufgabe des Beraters ist, im Zusammenhang mit der Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung bei dem Stifter auf diese Stiftungsreife hinzuwirken und eventuellen Missverständnissen zur Rechtsform der Stiftung klarstellend zu begegnen. Es klingt banal, kann aber nach unseren Erfahrungen gar nicht oft genug betont werden: Ein potenzieller Stifter muss sich über die konkreten Ziele im Klaren sein, die er mit der Stiftungserrichtung erreichen will.
Rz. 12
Die Errichtung einer Stiftung ist auch psychologisch für den Stifter nicht ganz einfach. Schließlich entäußert er sich eines Gutteils seines Vermögens, um einen bestimmten Zweck zu verfolgen. Die Stiftung "besteht" aus diesem Vermögen; sie hat keine Mitglieder, sondern nur Organe (Vorstand und ggf. Stiftungsrat etc.). Es ist zuvorderst im eigenen Interesse des Stifters, dass die Stiftung ihr satzungsmäßiges Ziel erreicht. Dazu muss der Stifter aber gewisse persönliche Qualifikationen erfüllen, die – in Anlehnung an den Begriff der Börsenreife bei der Aktiengesellschaft – als Stiftungsreife bezeichnet werden können.
Rz. 13
Stiftungsreife bedeutet vor allem, dass der Stifter akzeptieren muss, mit einer Stiftung eine juristische Person zu schaffen, die von seinem künftigen Willen unabhängig ist, soweit er sich nicht konkrete Rechte in der Stiftungssatzung vorbehalten hat. Das der Stiftung übertragene Vermögen gehört, anders als etwa bei einer Ein-Personen-GmbH, auch wirtschaftlich nicht mehr ihm. Die Klage eines bekannten Unternehmers: "Ich kann ja mit “meiner‘ Stiftung gar nicht mehr machen, was ich will", ist im Ergebnis richtig. Es ist nämlich nicht "seine" Stiftung. Die Stiftung gehört sich selbst. Sie dient der Erfüllung seines Stifterwillens, den er bei der Errichtung für die Zukunft und auch für sich selbst unabänderlich vor allem in der Satzung festgelegt hat. Eine Stiftung hat eben keine Gesellschafter, sondern "nur" einen Zweck, ein dem Zweck dienendes Vermögen und Organe zur Geschäftsführung sowie Vertretung. Der Stifter muss auch di...