Rz. 8
Der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung unterliegen die Prospektverantwortlichen, die das ihnen typischerweise entgegengebrachte ("standardisierte") Vertrauen der Kapitalanleger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts enttäuschen.
Verantwortlich für den Prospekt sind
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die Initiatoren, Gestalter und Gründer der Anlagegesellschaft, die das Management bilden oder beherrschen; |
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diejenigen Personen, die hinter der Anlagegesellschaft oder dem Projekt stehen und – neben der Geschäftsleitung – besonderen Einfluss in der Gesellschaft ausüben und Mitverantwortung tragen, z.B. als Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichts- oder Beirats; |
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diejenigen Personen – etwa Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer –, die wegen ihrer herausgehobenen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder als berufsmäßige Sachkenner eine "Garantenstellung" einnehmen und mit ihrer Zustimmung als Fachkundige im Prospekt angeführt werden und darin Erklärungen abgeben, also durch ihre erkennbare Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin einen besonderen – zusätzlichen – Vertrauenstatbestand schaffen. |
Rz. 9
Eine Prospekthaftung eines Rechtsanwalts ist angenommen worden, weil ein Prospekt ein Kurzgutachten des Anwalts wiedergab. In einem weiteren Fall ist ein Rechtsanwalt als Prospektverantwortlicher angesehen worden, weil er im Prospekt als Inhaber des Anderkontos aufgeführt wurde, durch das Anlegerzahlungen gesichert werden sollten. In solchen Fällen der Prospekthaftung aufgrund einer Garantenstellung haftet ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben nur insoweit, als diese sich auf den in Anspruch genommenen Verantwortlichen beziehen und ihm zuzurechnen sind; anders als andere Prospektverantwortliche tragen Rechtsberater regelmäßig keine allgemeine Verantwortung für den Prospektinhalt.
Rz. 10
Dagegen wurde keine Prospekthaftung eines Wirtschaftsprüfers angenommen, der im Rahmen eines Kapitalanlagemodells Einzahlungen der Anleger und die Mittelverwendung pflichtwidrig nicht geprüft hatte; jedoch wurde eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht gezogen (vgl. § 13 Rdn 8, 24). Allein daraus, dass im Verkaufsprospekt im Einverständnis mit dem Wirtschaftsprüfer dessen Betätigungsvermerk zum letzten Jahresabschluss mit der Erklärung enthalten ist, i.R.d. Vorprüfung des nächsten Jahresabschlusses seien keine Anhaltspunkte für eine vom Vorjahr abweichende Beurteilung bekannt geworden, ergibt sich keine prospekthaftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens; dieser ist selbst dann nicht zur Prospektaktualisierung verpflichtet, wenn ihm eine nachträgliche Verschlechterung des Unternehmens bekannt wird, die die Vermögensinteressen potenzieller Anleger gefährdet. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die den Prospekt geprüft und die Mittelverwendungskontrolle übernommen hatte, unterlag keiner Prospekthaftung im engeren Sinne, weil ihre Unbedenklichkeitserklärung nicht in den Prospekt aufgenommen worden war. Eine solche Haftung wurde auch für einen Wirtschaftsprüfer, der gleiche Aufgaben erledigt hatte, abgelehnt, weil diese Tätigkeiten nicht durch entsprechende Gestaltung des Emissionsprospekts offengelegt worden waren. Eine Bank, die nach dem Prospekt die "Optimierung des gesamten Vertragswerks" übernommen hatte, unterlag keiner Prospekthaftung aufgrund einer Garantenstellung, weil sich aus dem Prospekt keine Einzelheiten dieser Tätigkeit ergaben.
Ein ehemaliger Verteidigungsminister, der zugleich Inhaber eines Lehrstuhls für Staats-, Verwaltungs- und Finanzrecht sowie stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats einer Bank ist, kann einer Prospekthaftung aufgrund einer Garantenstellung für Erklärungen zu einem Kapitalanlagemodell, die in einer – mit dem Emissionsprospekt herausgegebenen – "Produktinformation" und in zwei Zeitschriften – darunter eine Finanzzeitschrift – enthalten waren, unterliegen.
Rz. 11
Die bloße Benennung eines Rechtsberaters als Treuhänder in einem Prospekt reicht nicht aus, eine Prospektverantwortlichkeit aufgrund einer Garantenstellung zu begründen.