Rz. 12
Die Pflichtverletzung der Prospektverantwortlichen liegt darin, dass sie mit einem unrichtigen, unvollständigen oder unklaren Prospekt zu der Anlageentscheidung eines Interessenten zumindest beitragen.
Da der Prospekt i.d.R. die einzige Informationsquelle des Anlageinteressenten ist, muss dieser sich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Prospekt verlassen können, auf die er seinen wirtschaftlich bedeutsamen und riskanten Anlageentschluss stützt. Deswegen hat der Prospekt den Interessenten über alle Umstände, die für seine Entscheidung wesentlich sind oder sein können, sachlich richtig, vollständig und unmissverständlich zu unterrichten. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Anlageunternehmens vermittelt; allerdings dürfen die Prospektverantwortlichen von den Anlegern eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts erwarten. Dazu hat der Prospekt über bestimmte Tatsachen aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln können oder die Gefahr von Interessenkollisionen zum Nachteil des Anlegers begründen, etwa über
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wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen der Anbieterseite, insb. über Sondervorteile für einen Initiator, Gründer; Vertreiber der Anlage oder einen sonstigen Funktionsträger; |
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das Risiko des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals trotz Abschlusses von Erlösausfallversicherungen; |
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den Abschluss eines Verlustübernahmevertrages mit einer Bank, die an der Finanzierung von Beteiligungen mitwirkt; |
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Sicherheitsabschläge für Winderträge bei Werbung für den Beitritt zu einer Windpark-Beteiligungsgesellschaft; |
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die Verwendung des Anlagekapitals für den Aufbau eines Drittunternehmens; |
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die Wohnflächen und deren Berechnungsgrundlage bei Beteiligung an einem Bauherrenmodell; |
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eine Mietgarantie; |
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die steuerliche Anerkennungsfähigkeit der Kapitalanlage; |
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den Erfolg oder Misserfolg eines vergleichbaren Vorgängerfonds. |
Rz. 13
Ändern sich maßgebliche Umstände nach Herausgabe des Prospekts, so haben die Verantwortlichen dies durch Prospektberichtung oder entsprechende Hinweise bei Vertragsschluss mitzuteilen.
Rz. 14
Diese Pflichten der Prospektverantwortlichen befreien den Anleger nicht vom Risiko seiner eigenverantwortlichen Anlageentscheidung, sondern sollen nur gewährleisten, dass der Anleger die Chancen und Risiken einer Anlage erkennen und berechnen kann.
Rz. 15
Der geschädigte Anleger hat nach allgemeinen Regeln (vgl. § 4 Rdn 13 ff.) für eine Pflichtverletzung eines Prospektverantwortlichen darzulegen und nach § 286 ZPO zu beweisen, dass ein unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Prospekt vorliegt.