Rz. 100

Unter dem Begriff "Sachvermächtnis" (Gegenstandsvermächtnis) wird nachstehend das Vermächtnis einer Sache i.S.v. § 90 BGB behandelt. Als Gegenstand kommen hier z.B. ein Grundstück, ein Kfz und alle sonstigen Gegenstände in Betracht. Zu beachten ist bei der Anordnung verschiedener Sachgegenstände die Tatsache, dass der bestimmte Gegenstand bei Eintritt des Erbfalls möglicherweise nicht mehr im Nachlass vorhanden und eine Erfüllung deshalb nicht mehr möglich ist. Für diesen Fall sollte das Testament ausdrücklich eine Regelung vorsehen, da andernfalls das Vermächtnis nach § 2169 Abs. 1 BGB grundsätzlich unwirksam ist.

In Rechtsprechung und Schrifttum[142] ist durchaus anerkannt, dass für den Fall, dass der Erblasser den vermachten Gegenstand veräußert hat, der mit dem Gegenstandsvermächtnis Bedachte stattdessen den Veräußerungserlös erhalten soll, sofern dieser noch im Nachlass enthalten ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es dem Erblasser weniger darauf ankam, dem Bedachten einen bestimmten Gegenstand zukommen zu lassen, als vielmehr darum, ihm eine wertmäßige Zuwendung zu machen.[143]

 

Rz. 101

Fraglich ist auch, was gelten soll, wenn der vermachte Gegenstand untergegangen oder beschädigt worden ist oder wenn gar eine Verbindung oder Vermischung mit einer anderen Sache stattgefunden hat. Für diese Fälle sieht das Gesetz verschiedene Auslegungsvarianten vor.[144] Gemäß § 2164 Abs. 2 BGB umfasst das Vermächtnis im Zweifel auch den Anspruch auf Ersatz oder Minderung, wenn der Vermächtnisgegenstand beschädigt ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der Gegenstand nach Anordnung des Vermächtnisses untergegangen ist oder dem Erblasser entzogen wurde (§ 2169 Abs. 3 BGB). Für den Fall der Verbindung, Vermischung oder Vermengung bestimmt § 2172 Abs. 2 BGB einen dadurch erworbenen Miteigentumsanteil als vermacht, wenn die Verbindung durch einen anderen als den Erblasser erfolgt ist.[145]

Um nicht auf die vage Möglichkeit der Testamentsauslegung angewiesen zu sein, sollte der Berater die Problematik mit dem Erblasser unbedingt erörtern und eine entsprechende Anordnung im Testament treffen.

 

Rz. 102

Bei einem Gegenstandsvermächtnis ist darauf zu achten, dass die Sache so genau wie möglich bezeichnet wird und für jedermann erkennbar ist, welcher Gegenstand gemeint ist. Ebenso sollten Sachen, die zu einem bestimmten Gegenstand gehören, dem Vermächtnisnehmer mit zugedacht werden (z.B. bei einem wertvollen Bild die vorhandene Expertise etc.). Um der Auslegungsregel des § 2164 BGB Rechnung zu tragen, sollte bei einem Sachvermächtnis klargestellt werden, ob dies auch das Zubehör i.S.v. §§ 97, 98 BGB mit umfasst.

[142] BGH v. 15.12.1956 – IV ZR 238/56, BGHZ 22, 357; OLG Nürnberg NJW 1956, 1882; MüKo/Rudy, vor § 2169 Rn 15 f.; BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 2169 Rn 12; Staudinger/Otte [2013], § 2169 Rn 15.
[143] BGH v. 15.12.1956 – IV ZR 238/56, BGHZ 22, 357, 362.
[144] OLG Nürnberg NJW 1956, 1882.
[145] MüKo/Rudy, § 2172 Rn 1; BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 2172 Rn 4.

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