A. Allgemeines
Rz. 1
Regelmäßig finden sich bei der Analyse der Vermögenssituation im Erbfall bzw. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolgeplanung unentgeltliche Wohnraumüberlassungen an Angehörige oder andere nahestehende Personen. Diese können insbesondere schenkungsteuerpflichtige Vorgänge darstellen, die etwa im Zuge der Beurteilung von Vorerwerben i.S.d. § 14 ErbStG zu beachten sind.
B. Zivilrecht
Rz. 2
Bei der Wohnleihe, also der unentgeltlichen Versorgung von Personen mit Wohnraum, handelt es sich zivilrechtlich um einen Leihvertrag. Insbesondere liegt keine Schenkung der Nutzungsmöglichkeit i.S.d. § 516 BGB vor, weil der Vermögensgegenstand nicht aus dem Vermögen des Eigentümers ausscheidet, was auch bei ungewisser Laufzeit gilt (insbesondere bei Vereinbarung auf die Lebenszeit des Nutzers). Dabei ist auch im Unterlassen eines Vermögenserwerbs durch anderweitige ertragbringende Vermietung keine Schenkung zu sehen, § 517 BGB.
Rz. 3
Abzugrenzen von der Wohnleihe sind sog. Angehörigen-Mietverträge. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aus ertragsteuerlicher Sicht stets die Regelung des § 21 Abs. 2 EStG. Danach ist eine entgeltliche Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken zu weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung insgesamt als entgeltlich. In letzterem Fall können die Werbungskosten i.S.d. § 9 EStG, also insbesondere Absetzung für Abnutzung oder die Schuldzinsen, im Rahmen der Einkünfteerzielung voll abgesetzt werden.
Rz. 4
Abzugrenzen ist die Wohnleihe ferner von der Einräumung eines Nießbrauchs oder dinglichen Wohnrechts. Diese Zuwendung stellt grundsätzlich einen schenkungsteuerpflichtigen Erwerb dar, dessen Wert sich nach § 14 BewG richtet (siehe § 1 Rdn 7 ff.>).
C. Schenkungsteuer
Rz. 5
Im Rahmen der schenkungsteuerlichen Behandlung der Wohnleihe ist zwischen der Mitbenutzung und der Alleinnutzung zu unterscheiden. Die Mitbenutzung stellt regelmäßig keine freigiebige steuerbare Zuwendung durch den Berechtigten (z.B. Eigentümer oder Nießbraucher) an den Angehörigen dar. Nutzt ein Angehöriger oder eine nahestehende Person den Wohnraum alleine, ist die Frage nach einer schenkungsteuerbaren Zuwendung i.S.d. § 7 ErbStG nicht belastbar geklärt. Bei einer solchen unentgeltlichen Versorgung mit Wohnraum sollte daher grundsätzlich eine verbindliche Auskunft i.S.d. § 89 AO eingeholt bzw. die Umsetzung beim Finanzamt i.S.d. § 30 ErbStG (siehe § 10 Rdn 1 ff.>) angezeigt werden.
D. Einkommensteuer
Rz. 6
Die unentgeltliche Überlassung von Wohnraum ist einkommensteuerliche unbeachtlich, insbesondere stellt diese kein Einkommen i.S.d. EStG dar. Anderes gilt, wenn Wohnraum im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (Synallagma) an einen Arbeitnehmer überlassen wird.