Rz. 61
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist mangels einer Regelung und der fehlenden Möglichkeit einer analogen Anwendung von § 49 Abs. 1 FamFG nicht möglich. Ohnehin würde der Einzug des Testamentsvollstreckerzeugnisses rechtlich keine Vorteile bringen, da der Testamentsvollstrecker sein Recht nicht aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis ableitet und bei vorläufiger Einziehung das Testamentsvollstreckerzeugnis wegen §§ 2368 Abs. 3, 2361 Abs. 1 S. 2 BGB nicht kraftlos würde, also ein gutgläubiger Erwerb ohne weiteres noch möglich wäre. Allerdings wird man die Rspr. hinsichtlich der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Rückgabe des Erbscheins auch für das Testamentsvollstreckerzeugnis für zulässig erachten müssen, sodass dieser Weg offensteht.
Rz. 62
Ebenso ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Entlassung oder das Eingreifen in die Amtsführung unzulässig, da das Nachlassgericht nur für die endgültige Amtsbeendigung zuständig ist. Es bleibt somit nur die Möglichkeit eines Entlassungsantrags nach § 2227 BGB.
Rz. 63
In der Praxis bedeutsamer ist die einstweilige Verfügung, wonach dem Testamentsvollstrecker untersagt wird, die Auseinandersetzung gemäß des von ihm vorgelegten Auseinandersetzungsplans oder bestimmte Verfügungen über den von ihm verwalteten Nachlass vorzunehmen. Eine derartige einstweilige Verfügung könnte wie folgt formuliert werden:
Muster 14.10: Antrag auf Unterlassungsverfügung
Muster 14.10: Antrag auf Unterlassungsverfügung
Namens und in Vollmacht der Antragstellerin bitte ich um Erlass folgender einstweiliger Verfügung wegen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein:
1. |
Dem Antragsgegner wird untersagt, das Aktiendepot AB bei der Bank _________________________ in _________________________ mit der Nr. _________________________ aufzulösen und das Vermögen in ein Börsentermingeschäft für Rinderhälften an der Börse von London zu investieren. |
2. |
Dem Antragsgegner wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von _________________________ EUR und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. |
Rz. 64
Sofern das Nachlassgericht im Rahmen eines Entlassungsverfahrens die Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB angeordnet hat, sollte flankierend zur Beschwerde über die Entlassung beim Landgericht zugleich eine einstweilige Anordnung des Testamentsvollstreckers beantragt werden. Das Beschwerdegericht kann nämlich nach § 49 Abs. 1 FamFG anordnen, dass der Testamentsvollstrecker vorerst das Amt weiterführen darf, wenn das Nachlassgericht dem Entlassungsantrag gefolgt ist. Wenn er das Amt weiterführt, dann haftet der Testamentsvollstrecker selbstverständlich für die Schäden, die er verursacht hat. Insofern muss er abwägen, ob er das Amt nicht "ruhen" lässt. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist aber für § 49 Abs. 1 FamFG kein Raum, weil bei einer Entlassung diese sofort mit Zustellung des Beschlusses wirkt und daher eine Aussetzung der Vollziehung nicht möglich ist.
Der Weg des § 49 Abs. 1 FamFG dürfte aber auf jeden Fall versperrt sein, wenn das Nachlassgericht bereits einen neuen Testamentsvollstrecker ernannt hat.
Praxishinweis
Der Mandant sollte vor Beschreitung des einstweiligen Rechtsschutzes auf jeden Fall immer auf die Risiken dieser Verfahrensart, insbesondere auf die mögliche Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO bzw. § 717 ZPO hingewiesen werden.