Rz. 3
Durch die Leistungsklage strebt die klagende Partei die Verurteilung der beklagten Partei zu einer bestimmten Leistung, d.h. zu einem Tun oder Unterlassen, an. Mit diesem Klageziel ist die Leistungsklage der in der täglichen Praxis am häufigsten vorkommende Klagetyp. Leistungsklagen sind insbesondere Klagen auf Zahlung, auf Herausgabe von Gegenständen, auf Abgabe von Willenserklärungen sowie auf das Unterlassen von Störungen. Grundsätzlich sind Leistungsklagen nur begründet, wenn mit ihnen ein bereits fälliger Anspruch des Gläubigers (Kläger, Anspruchsteller) gegen den Schuldner (Beklagter, Anspruchsgegner) geltend gemacht wird. Hiervon gibt es allerdings gesetzlich geregelte Ausnahmen:
In den Fällen der §§ 257, 258 ZPO kann bereits vor Fälligkeit der Leistungen geklagt werden. Dies gilt:
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bei Geldforderungen, deren Fälligkeit nach dem Kalender bestimmt sind, und die nicht von einer Gegenleistung abhängen, wie zum Beispiel der nach dem Kalender bestimmte Rückzahlungsanspruch auf eine Darlehenssumme, |
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bei kalendermäßig bestimmter Räumung von insbesondere Büroräumen, also nicht bei Wohnzwecken dienenden Räumen, |
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bei Ansprüchen auf künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen, sofern diese dem Grunde und der Höhe nach bereits entstanden und nicht von Gegenleistungen abhängig sind. Gemeint sind hier beispielsweise SchadensersatzrentenoderUnterhaltsansprüche, die nach Grund und Höhe bereits entstanden sind, jedoch erst jeweils zum Monatsbeginn fällig werden. Anders verhält es sich bei Mietleistungen, die von der Bereitstellung der Wohnung, also einer Gegenleistung, abhängig sind. |
Rz. 4
Gemäß § 259 ZPO können Leistungsansprüche weiter vor Fälligkeit auch dann eingeklagt werden, wenn zu befürchten ist, dass der Schuldner die Leistung bei Fälligkeit nicht erbringen wird. In diesem Fall wäre es dem Gläubiger nicht zuzumuten, erst die Fälligkeit abzuwarten, bevor er in einen zumeist langwierigen Prozess eintritt.
Für die Anwendbarkeit von § 259 ZPO reicht dabei allerdings nicht aus, dass der Schuldner womöglich bei Fälligkeit nicht mehr leistungsfähig sein könnte, etwa weil sich seine Leistungsfähigkeit vermeintlich durch einen Arbeitsplatzverlust oder krankheitsbedingte Einnahmeausfälle verschlechtert. Einschlägig ist die Vorschrift vielmehr dann, wenn der Schuldner selbst gegenüber dem Gläubiger unzweifelhaft zum Ausdruck bringt, dass er bei Fälligkeit, aus welchem Grund auch immer, nicht zahlen wird. Die ZPO enthält keine Regelungen darüber, dass für die Leistungsklage ein besonderes rechtliches Interesse gegeben sein muss. Das besondere rechtliche Interesse besteht aus der Natur der Sache, wenn jemand einen fälligen Anspruch gegen eine andere Person hat. Allerdings ist auf der anderen Seite klar, dass Gerichte nur in Anspruch genommen werden sollen, wenn hierfür im konkreten Fall objektiv ein Bedürfnis besteht. Wie gesagt, wird im Regelfall bei der Leistungsklage ein solches Bedürfnis bestehen, es kann aber im Einzelfall auch fehlen, bspw. wenn der Kläger über den eingeklagten Anspruch bereits einen Vollstreckungstitel hat, der eine zusätzliche Leistungsklage entbehrlich macht.
Beispiel:
A und B schließen einen notariellen Grundstückskaufvertrag, in dem sich B hinsichtlich des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Mit dieser Urkunde, von der der betreffende Notar (nur) bei Vorliegen der näher vertraglich geregelten Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzungen eine vollstreckbare Ausfertigung dem Käufer aushändigen darf, hat A bereits einen notariellen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, der Erwirkung eines zusätzlichen Urteils bedarf es daher nicht mehr. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Kaufpreiszahlung wäre daher wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig.