Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 45
Wie bereits erwähnt, handeln die regelmäßig mit Geschäftsführer-/Vorstandsthemen befassten Organe, Gesellschafterversammlung bei der GmbH und Aufsichtsrat bei der AG, auf der Basis von Beschlüssen (vgl. § 108 AktG und § 48 GmbHG). Wenn und soweit diese Organe aber durch Beschlüsse handeln, dann ist es erforderlich, dass das Organ (Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat) vor Ausspruch der jeweiligen Kündigung über diese einen Beschluss gefasst hat.
Rz. 46
Gem. § 46 Nr. 5 GmbHG ist es Aufgabe der Gesellschafterversammlung, über die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben zu entscheiden. Allgemein anerkannt ist in diesem Zusammenhang, dass nach § 46 Nr. 5 GmbHG auch der Abschluss, die Änderung und die Beendigung des zugrunde liegenden Anstellungsvertrags eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen. Entsprechendes gilt im Aktienrecht für den Vorstand: nach §§ 84, 108, 112 AktG bedürfen auch der Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Anstellungsvertrags des (Fremd-)Vorstands eines Gesellschafterbeschlusses. In diesem Zusammenhang ist dringend zu beachten, dass das Fehlen eines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung/des Aufsichtsrats nicht nur innergesellschaftliche Bedeutung hat, sondern materielles Wirksamkeitserfordernis für die Rechtswirksamkeit der jeweiligen Kündigung ist. Mit anderen Worten: Eine ohne vorherigen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung/des Aufsichtsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Der Gesellschafterbeschluss hat dabei die wesentlichen Eckpunkte der beabsichtigten Kündigung zu umfassen, also zum einen die Entscheidung, dass gekündigt werden soll, in welcher Form gekündigt werden soll (ordentlich/außerordentlich/fristlos/mit sozialer Auslauffrist) und ggf. zu welchem Datum die Kündigung wirksam werden soll. Darüber hinaus muss der Beschluss dann, wenn sich die AG/GmbH eines Dritten bedienen möchte, auch Regelungen zur Umsetzung des Gesellschafterbeschlusses enthalten.
Rz. 47
Unterlässt die Gesellschaft die Fassung eines entsprechenden Beschlusses, bleibt zu überlegen, ob und ggf. wie dieses Fehlen nach erfolgter Kündigung geheilt werden kann. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Vorschriften der §§ 177, 178 und 180 BGB zu beachten. § 180 S. 1 BGB ordnet an, dass bei einem einseitigen Rechtsgeschäft die Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig ist. Dies bedeutet, dass immer dann, wenn ein Dritter (z.B. Mitgeschäftsführer/Anwältin) die Kündigung ausspricht und hierbei die entsprechende Vertretungsmacht fehlt, eine derartige Kündigungserklärung nicht nur schwebend, sondern endgültig unwirksam ist. Eine schwebende Unwirksamkeit kommt nach § 180 S. 2 BGB allerdings dann in Betracht, wenn das Fehlen der Vertretungsmacht bei der Vornahme der Kündigung vom Erklärungsgegner (Vorstand/Geschäftsführer) nicht beanstandet wird oder der Vorstand/Geschäftsführer damit einverstanden ist, dass der Kündigende ohne Vertretungsmacht handelt. Für diesen Fall bestimmt § 180 S. 2 BGB, dass die Vorschriften über Verträge, also die §§ 177 und 178 BGB, entsprechend zur Anwendung kommen. Dies bedeutet, dass nach § 177 BGB eine Genehmigung der Kündigung nur so lange in Betracht kommt, bis seitens des Geschäftsführers/Vorstands ein entsprechender Widerruf erklärt wird (vgl. § 178 BGB). Handelt der Geschäftsführer/Vorstand entsprechend und erklärt einen Widerruf nach § 178 BGB, dann nimmt er damit der fehlerhaften Kündigung die Genehmigungsmöglichkeit und macht spätestens dann die ggf. zuvor schwebend unwirksame Kündigung zur dauerhaft unwirksamen Kündigung.
Rz. 48
Im Zusammenhang mit dem Ausspruch der in der Praxis vor allem wichtigen und in Betracht kommenden außerordentlichen Kündigungen ist dabei zu beachten, dass bei fristgebundenen schwebend unwirksamen Kündigungen (vgl. § 626 Abs. 2 BGB) eine etwaige Genehmigung (vgl. § 177 Abs. 1 BGB) innerhalb der jeweiligen Frist erfolgen muss. Dies bedeutet, dass die Genehmigung einer ordentlichen Kündigung daher grundsätzlich vor dem Ende der Kündigungsfrist ausgesprochen sein muss, die Genehmigung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt sein muss.
Rz. 49
Will man all diese Komplikationen vermeiden, ist es aus Sicht der Gesellschaft und deren Berater dringend geboten, darauf zu achten, dass entsprechend wirksame Beschlüsse gefasst werden, die abzugebenden Erklärungen (Widerruf/Kündigung) in Übereinstimmung mit den gefassten Beschlüssen erfolgen und sämtliche relevanten Urkunden, einschließlich des Beschlusses der Gesellschafterversammlung/des Aufsichtsrats im Original den entsprechenden Erklärungen beigefügt und die Erklärungen nebst beigefügter Beschlüsse (fristgerecht und nachweisbar) dem Vorstand/dem Geschäftsführer zugestellt werden.
Rz. 50
Entsprechendes gilt "umgekehrt" (natürlich ohne gesondertes Beschlusserfordernis), wenn der Geschäftsführer/Vorstand seinerseits gegenüber der Gesellschaft kündigt. Auch dann i...