Rz. 323
Die Rechtsfolgen eines Widerrufs[484] ergeben sich grundsätzlich aus §§ 346 i.V.m. 357 Abs. 1 BGB.[485] Dementsprechend sind nach Ausübung des Widerrufsrechts im Grundsatz die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Entsprechend hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer empfangene Zahlungen zurück zu zahlen und der Versicherungsnehmer hat bereits empfangene Geldleistungen des Versicherers zu erstatten. Ob der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, dem Versicherer Wertersatz für die erbrachte abstrakte Gefahrtragung zu leisten, ist umstritten.[486]
Rz. 324
Für den Fall, dass der Versicherungsschutz mit Zustimmung des Versicherungsnehmers bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, stellt § 9 VVG eine Sonderregelung hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs dar.[487] Nach §§ 9 S. 1 i.V.m. § 152 Abs. 2 S. 1 VVG sind durch den Versicherer lediglich für die Zeit bis zur Ausübung des Widerrufsrechts der Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile und für die Zeit nach Ausübung des Widerrufsrechts der hierauf entfallende Teil der Prämie zu erstatten, wenn der Versicherungsnehmer in der Widerrufsbelehrung auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen wurde.
Rz. 325
Ist eine solche Belehrung unterblieben, hat der Versicherer nach § 9 S. 2 i.V.m. § 152 Abs. 2 S. 1 VVG zusätzlich die für das erste Jahr des Versicherungsschutzes zu zahlende Prämie bzw. – wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist – den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile zu erstatten, soweit der Versicherungsnehmer keine Leistungen aus dem Versicherungsvertrag in Anspruch genommen hat. Fraglich ist, was bei einer Lebensversicherung gegen Einmalprämie die "für das erste Jahr des Versicherungsschutzes gezahlten Prämien" sind.[488] Nach hier vertretener Auffassung erscheint es in diesem Fall sachgerecht, die Einmalprämie auf die vereinbarte Vertragsdauer zu verteilen und den auf das erste Vertragsjahr entfallenden Anteil der Einmalprämie an den Versicherungsnehmer zu erstatten.[489]
Rz. 326
Im Falle einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung sowie bei Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung hat der Versicherer die Möglichkeit zur Nachbelehrung.[490] Die Nachbelehrung unterliegt dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung, d.h. sie muss umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Versicherungsnehmer eindeutig sein.
Rz. 327
Fraglich ist, wann eine Zustimmung des Versicherungsnehmers vorliegt, dass der Versicherungsschutz vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Da § 9 S. 1 VVG – anders als § 312d Abs. 6 BGB – nicht voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer "ausdrücklich" zustimmt, dürfte für die Zustimmung nach § 9 S. 1 BGB ausreichend sein, dass der Versicherungsnehmer durch Abschluss eines Versicherungsvertrags mit einem vor Ablauf der Widerrufsfrist liegenden Versicherungsbeginn sein Einverständnis erklärt hat, dass der Beginn des Versicherungsschutzes vor Ablauf der Widerrufsfrist liegt.[491] Dabei kann das Einverständnis insbesondere darin liegen, dass in den Versicherungsantrag ein Versicherungsbeginnn eingetragen wurde, der vor Ablauf der Widerrufsfrist liegt.
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