(1) Allgemeines
Rz. 296
Mit wirksamem Widerspruch des Versicherungsnehmers verliert der bis dahin schwebend unwirksame Versicherungsvertrag endgültig seine Wirksamkeit. Dem Versicherungsnehmer steht ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der geleisteten Prämien zu, wobei er sich den erbrachten Versicherungsschutz als Vermögensvorteil anrechnen lassen muss. Der Wert des Versicherungsschutzes für die Hauptversicherung kann anhand des Risikoanteils der Prämienkalkulation berechnet werden. Dabei ist der vom Versicherer tatsächlich kalkulierte Risikoanteil anzusetzen. Es ist nicht zulässig den Risikoanteil anhand der Prämien für eine vergleichbare selbstständige Risikolebensversicherung zu ermitteln. Der Wert des Versicherungsschutzes einer Zusatzversicherung ergibt sich anhand des auf die Zusatzversicherung entfallenden Prämienanteils.
Rz. 297
Darüber hinaus muss sich der Versicherungsnehmer die durch den Versicherer an das Finanzamt abgeführte Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag als Vermögensvorteil anrechnen lassen.
Rz. 298
Hinsichtlich der Abschluss- und Verwaltungskosten der Versicherung kann sich der Versicherer nicht wirksam auf Entreicherung berufen. Das Gleiche gilt hinsichtlich etwaiger vom Versicherer erhobener Ratenzahlungszuschläge. Der mit der richtlinienkonformen Auslegung von § 5 Abs. 2 S. 4 VVG a.F. bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers gebietet es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass der Versicherer im Falle eines wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt. Verwaltungskosten sind nach Auffassung des BGH bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlung entstanden, sondern unabhängig vom jeweiligen streitgegenständlichen Versicherungsvertrag angefallen und beglichen worden sind.
(2) Gezogene Nutzungen
Rz. 299
Neben den eingezahlten Beiträgen kann der Versicherungsnehmer nach § 818 BGB die gezogenen Nutzungen vom Versicherer herausverlangen. Die Darlegungs- und Beweislast zur Höhe der gezogenen Nutzungen liegt beim Versicherungsnehmer. Es kann nicht vermutet werden, dass der Versicherer Nutzungszinsen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 % gezogen hat. Der pauschale Vortrag, die Lebensversicherer hätten in einem bestimmten Kalenderjahr eine durchschnittliche Verzinsung in bestimmter Höhe erwirtschaftet, reicht als Nachweis für die gezogenen Nutzungen eines Versicherers nicht aus.
Rz. 300
Gegebenenfalls gezogene Nutzungen auf den Risikoanteil der Versicherung muss der Versicherer nicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen an den Versicherungsnehmer herausgeben. Zur Begründung führt der BGH an, dass es zur Herstellung eines vernünftigen Ausgleichs und einer gerechten Risikoverteilung zwischen den Beteiligten geboten sei, dass der Versicherer gegebenenfalls gezogene Nutzungen auf Risikoanteile behalten dürfe. Bezogen auf die Abschluss- und Vertriebskosten ist davon auszugehen, dass der Versicherer diese nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte, so dass der Versicherer auf die Abschluss- und Vertriebskosten keine Nutzungszinsen herauszugeben hat.
(3) Fondsgebundene Lebensversicherungen
Rz. 301
Bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung entsprechen die gezogenen Nutzungen der positiven Wertentwicklung der Investmentfonds. Hat der Versicherungsnehmer die Versicherung vor Ausübung seines Widerspruchsrechts bereits gekündigt und den Rückkaufs...