Rz. 157
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist, bzw. zu dem erforderlichen Herstellungsaufwand, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist, wobei für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen ist. Ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte, hängt vom Einzelfall ab. Bei kleineren (Bagatell-)Schäden reicht evtl. der Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs aus. Hinsichtlich der Bagatellgrenze bestehen unterschiedliche Auffassungen. Insoweit ist allerdings Zurückhaltung geboten. Der Geschädigte kann in der Regel kaum beurteilen, welche Beschädigungen mit welchem Kostenaufwand beseitigt werden müssen. Deshalb sollte die Ersatzfähigkeit der Gutachterkosten nur verneint werden, wenn im Hinblick auf das Schadensbild eindeutig unnötige Kosten produziert wurden. Jedenfalls sollte die Einschätzung, ob ein Bagatellschaden vorliegt und dementsprechend ein Erstattungsanspruch bezüglich der Sachverständigenkosten nicht besteht, immer aufgrund einer Einzelfallprüfung erfolgen, bei der alle maßgeblichen Kriterien zu berücksichtigen sind.
Rz. 158
Die Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Einholung eines Gutachtens liegt beim Geschädigten. Legt der Geschädigte oder der an seine Stelle getretene Zessionär lediglich die unbeglichene Rechnung über die Sachverständigenkosten vor, genügt ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Geschädigte oder der Zessionär andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringt.
Rz. 159
Darauf, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht, darf nicht allein abgestellt werden. Denn zum Zeitpunkt der Beauftragung eines Gutachters ist dem Geschädigten der genaue Umfang des Schadens und die Höhe der anfallenden Reparaturkosten, Wiederbeschaffungskosten und sonstigen Kosten in der Regel nicht bekannt. Ist die Erforderlichkeit der Einholung eines Gutachtens zu bejahen, scheitert die Ersatzfähigkeit nicht daran, dass sich das Gutachten später als falsch erweist, sofern den Geschädigten hinsichtlich der sorgfältigen Auswahl des Sachverständigen kein Verschulden trifft und die Unrichtigkeit nicht auf falschen Angaben des Auftraggebers oder einem kollusiven Zusammenwirken mit dem Gutachter beruht. Das gilt auch, wenn das Honorar des Gutachters übersetzt ist (näher unten Rdn 160 f.). Der Haftpflichtversicherer des Schädigers darf den Ersatz der Sachverständigenkosten nicht deshalb ablehnen, weil der vom Unfallgeschädigten beauftragte Sachverständige einer Weiterleitung der von ihm gefertigten Schadensfotos an Restwertbörsen widerspricht.
Rz. 160
Der Geschädigte darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Deshalb darf er im Regelfall einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Das gilt auch für die Höhe der aufgewendeten Sachverständigenkosten. Sofern insoweit keine Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem beauftragten Sachverständigen getroffen wurde, kann der Sachverständige die übliche Vergütung verlangen, wobei der Sachverständige für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seines Honorars vornehmen kann. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend im Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist. Diese Überlegungen sind auch schadensersatzrechtlich relevant, zumal die meisten Kraftfahrzeug-Schadensgutachten zu den Routinesachen gehören, ...