Rz. 32
Rechnet der Geschädigte seinen Schaden konkret ab, bestehen bei der Regulierung in der Regel keine Schwierigkeiten. Der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer können einwenden, die Schäden seien überhaupt nicht oder nicht unfallkausal entstanden, die Abrechnung sei als solche nicht in Ordnung oder die Reparatur sei aus Gründen, die dem Geschädigten als Mitverschulden zur Last zu legen sind, viel zu teuer durchgeführt worden. Das Werkstatt- und das Prognoserisiko gehen allerdings zu Lasten des Schädigers, falls nicht ausnahmsweise dem Geschädigten insoweit ein (Auswahl-)Verschulden zur Last fällt. Ferner kann die Schädigerseite einwenden, der Geschädigte habe gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, weil z.B. die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs der preiswertere Weg zur Schadensbeseitigung gewesen wäre als die Reparatur (dazu näher unten). Schließlich kann eingewendet werden, dass der Geschädigte bestimmte persönliche Vorteile bei der Abrechnung mit der Werkstatt in Anspruch genommen hat, die bei der Schadensabrechnung zu berücksichtigen sind, etwa einen Werksangehörigenrabatt. Bei der konkreten Schadensabrechnung kann der Geschädigte Ersatz der Reparaturkosten nur in Höhe der ihm tatsächlich entstandenen Kosten beanspruchen, da er an dem Schadensfall nicht verdienen soll. Ein Werksangehörigenrabatt ist dabei deshalb zu berücksichtigen, weil er keine Maßnahme der sozialen Sicherung und Fürsorge gegenüber dem Geschädigten darstellt, die einem Schädiger nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht zugutekommen soll.
Rz. 33
Die konkrete Abrechnung erfolgt durch Vortrag der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten oder der Kosten, die durch eine Ersatzbeschaffung entstanden sind. In der Regel können in diesem Fall eine Reparaturkostenrechnung der Werkstatt oder Vertragsunterlagen über den Kauf des Neufahrzeugs und den Verkauf oder die Inzahlunggabe des beschädigten Fahrzeugs vorgelegt werden. Hat der Geschädigte die Reparatur selbst durchgeführt, können Rechnungen, falls überhaupt, nur für die beschafften Ersatzteile und Arbeitsmaterialien vorgelegt werden. Der Wert der Arbeitsleistung wird dann im Streitfall nur mit Hilfe eines Sachverständigen festgestellt werden können. In einfach gelagerten Fällen sollte es möglich sein, auf der Grundlage von am Reparaturort üblichen Netto-Stundenlöhnen eines Kraftfahrzeugmonteurs zu schätzen, jedenfalls soweit die Schätzung der Stundenzahl ohne einen Sachverständigen möglich ist.
Rz. 34
In Fällen der Eigenreparatur wird im Übrigen meist fiktiv abgerechnet werden, weil dies zu höheren Schadensersatzbeträgen führt als die Bewertung der Eigenarbeit. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nicht einzusehen ist, warum der kostensparende Effekt einer Eigenreparatur, die immerhin mit besonderen Anstrengungen des Geschädigten verbunden ist, dem Schädiger zugute kommen soll. Bei einer Reparatur im eigenen Betrieb ist zu differenzieren. Ist der Geschädigte gewerbsmäßig mit der Gewinn bringenden Instandsetzung von Kraftfahrzeugen für Dritte befasst, also z.B. ein Kraftfahrzeug-Reparaturbetrieb, kann er die Kosten einer Fremdreparatur verlangen, selbst wenn er die Arbeiten von eigenen Angestellten während der üblichen Arbeitszeiten erledigen lässt, es sei denn die Instandsetzungskapazität des Betriebs hätte, etwa konjunkturbedingt, ohnehin nicht gewinnbringend genutzt werden können. Für Letzteres ist der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet, wobei allerdings dem Geschädigten im Rahmen der sekundären Darlegungslast eine konkrete Darstellung der betrieblichen Auslastungssituation obliegt. Unterhält hingegen z.B. ein Verkehrsbetrieb eine Werkstatt, die nur zur Instandsetzung der eigenen Fahrzeuge bestimmt ist, kann er im Hinblick auf die Subjektbezogenheit der Schadensbetrachtung vom Schädiger eines seiner Fahrzeuge nicht Ersatz der höheren Kosten einer nicht vorgenommenen Fremdreparatur fordern, wenn es sich um Reparaturarbeiten handelt, die üblicherweise in der eigenen Betriebswerkstatt des Unternehmens vorgenommen werden.
Rz. 35
Nur die Selbstkosten einer solchen Betriebswerkstatt sind im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Herstellung erforderlich. Ein Unternehmergewinn kann in diesen Fällen dem Schädiger regelmäßig nicht in Rechnung gestellt werden. Ersatzfähig sind aber neben dem eigentlichen Lohn- und Materialaufwand auch die anteiligen Gemeinkosten, die ein Fremdbetrieb bei der Durchführung der Reparatur kalkulieren und dem Geschädigten in Rechnung stellen würde, nämlich Generalaufwand für Einrichtung des Betriebs, Abschreibungen, Verzinsung des Betriebskapitals, allgemeine Geschäftsunkosten sowie Verwaltungsaufwand; insoweit kommt ein prozentualer Aufschlag auf Löhne und Material in Betracht. Keinesfalls ersatzfähig ist der eigene Zeitaufwand bei der außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzanspruchs, auch dann nicht, wenn z.B. eine Behörde wegen der Häufung von Schadensfällen in ihrem Bereich für diese Tätigkeit besond...