Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 133
Kapitalerhöhungsverbote nach § 54 UmwG:
§ 54 Abs. 2:
Kapitalerhöhungsverbote/-wahlrechte, wenn entsprechender Anteilsbesitz bei Dritten für Rechnung des jeweiligen Rechtsträgers besteht.
Rz. 134
Bei Kapitalgesellschaften korrespondiert mit der Anteilsgewährungspflicht ein Kapitalerhöhungsgebot bzw. -verbot (§ 54 UmwG für die GmbH und § 68 UmwG für die AG). Die jeweiligen Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 normieren ein Kapitalerhöhungsverbot, soweit
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eine Tochter auf ihre Mutter verschmolzen werden soll (Nr. 1), |
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beim übertragenden Rechtsträger eigene Anteile vorhanden sind (Nr. 2) oder |
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bei der Verschmelzung einer Mutter auf ihre Tochter bei der Mutter nicht voll eingezahlte Anteile der Tochter vorhanden sind (Nr. 3). |
Damit soll korrespondierend mit der Ausnahme zur Anteilsgewährungspflicht (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) die Schaffung oder Erhaltung eigener Anteile bzw. der Verlust von Stammeinlageforderungen durch Konfusion verhindert werden.
Rz. 135
Die jeweiligen Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 geben der jeweils aufnehmenden Kapitalgesellschaft ein Wahlrecht zwischen der Kapitalerhöhung und der Verwendung bereits vorhandener Anteile zur Erfüllung ihrer Anteilsgewährungspflicht, soweit die übernehmende Gesellschaft eigene Anteile innehat (Nr. 1) oder ein übertragender Rechtsträger voll eingezahlte Geschäftsanteile/Aktien des übernehmenden Rechtsträgers innehat (Nr. 2).
Rz. 136
Vom Standort her systemwidrig regeln §§ 54 Abs. 1 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG neuerdings die Möglichkeit, auf die Anteilsgewährung zu verzichten (dazu schon o. Rdn 128 ff. bei der Anteilsgewährungspflicht genauer).
Rz. 137
Nach herrschender Meinung wird im Fall des Down Stream Mergers (Mutter auf Tochter-Verschmelzung) den steuerlichen Anforderungen an eine Buchwertfortführung (§ 20 UmwStG) nicht genüge geleistet, wenn keine neuen Anteile gewährt werden, sondern nur die vorhandenen (z.B. eigenen).
Rz. 138
Die Kapitalerhöhung zur Erfüllung der Anteilsgewährungspflicht im Rahmen einer Verschmelzung bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist von der Verschmelzung wechselseitig abhängig (vgl. §§ 53, 66 UmwG). Sie unterliegt den allgemeinen Regeln einer Sachkapitalerhöhung, soweit nicht § 55 Abs. 1 UmwG diese ausschließt. Eine gesonderte Übernahmeerklärung muss daher z.B. nicht abgegeben werden. Auch sind die Vorgaben für die Bewirkung der Sacheinlage (§§ 56a, 7 GmbHG) sowie die Versicherung des Geschäftsführers (§ 57 Abs. 2 und 3 Nr. 1 GmbHG) entbehrlich. Wegen des Verbots der Unterpari-Emission muss der Wert des übertragenden Rechtsträgers den Kapitalerhöhungsbetrag decken, was die Verschmelzung eines materiell-überschuldeten Rechtsträgers auf eine Kapitalgesellschaft grds. ausschließt. Die Verschmelzung auf einen überschuldeten, übernehmenden Rechtsträger ist demgegenüber bei Berücksichtigung einer eventuellen Insolvenzantragspflicht grds. zulässig. Ist bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft das Nennkapital noch in DM, muss eine Euroumstellung vorgeschaltet werden. Streitig ist dies nur bei Schwestergesellschaften. Die Regeln der Euroumstellung sind hierbei zu beachten.
Rz. 139
Werden mehrere Schwestergesellschaften in einem Verschmelzungsvertrag auf eine Kapitalgesellschaft verschmolzen (sog. Mehrfachverschmelzung), muss nur eine einheitliche Kapitalerhöhung bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft durchgeführt werden und dem gemeinsamen Anteilsinhaber nur ein(e) Geschäftsanteil/Aktien insgesamt, nicht für jeden aufgenommenen Rechtsträger ein gesonderter gewährt werden. Der Wert der übertragenden Rechtsträger kann wie bei jeder Sachkapitalerhöhung saldiert werden.
Rz. 140
Bei einer wechselbezüglichen Beteiligung der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft (z.B. bei der Verschmelzung der Einheits-GmbH & Co KG. auf ihre Komplementär-GmbH oder umgekehrt) sind sowohl die Regeln für die Verschmelzung einer Tochter auf ihre Mutter als auch der Verschmelzung der Mutter auf ihre Tochter bei nur einer einheitlichen Verschmelzung zu beachten. Für aufnehmende Kapitalgesellschaften finden sich die gesetzlichen Regeln in § 54 UmwG für die GmbH und in § 68 UmwG für die AG sowie allgemein für die Verschmelzung einer Tochter auf ihre Mutter in § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, 2. Halbs. UmwG. Auf Personenhandelsgesellschaften kann man m.E. das in § 54 UmwG ersichtliche System des Gesetzes unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Struktur von Personenhandelsgesellschaften analog anwenden.
Rz. 141
Bei der Einheits-GmbH & Co KG ist die einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH die KG selbst. Verschmilzt die KG auf Ihre Komplementär-GmbH ist die KG daher Tochter ihrer Komplementärin und gleichzeitig Mutter als Gesellschafterin der Komplementär-GmbH in einer einzigen Verschmelzung. Für die Verschmelzung "Mutter (KG) auf Tochter (GmbH)" gilt § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwG, wenn die Geschäftsanteile der KG an ihrer Komplementär-GmbH nicht voll eingezahlt sind. Daraus folgt ein Kapitalerhöhungsverbot, weil keine neu...