Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 682
In der Praxis wird der Formwechsel häufig durch eine Anwachsung des Gesellschaftsvermögens der KG auf die Komplementär-GmbH erreicht. Diese Methode ist vergleichsweise einfach durchzuführen, da die notwendigen Verträge und Gesellschafterbeschlüsse i.d.R. nicht notariell beurkundet werden müssen. Sämtliche Passiva und Vertragsverhältnisse können durch die Anwachsung auf die GmbH übertragen werden, ohne dass die Zustimmung der Gläubiger oder Vertragspartner erforderlich ist.
Ein Nachteil sämtlicher Anwachsungsmodelle ist, dass sie nur realisiert werden können, wenn sämtliche Gesellschafter einverstanden sind. Außerdem ist die Steuerneutralität des Vorgangs aufgrund Fehlens von höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung zum UmwStG in der Fassung des SEStEG zwar nach ganz überwiegender Meinung nach wie vor gegeben, dies ist aber derzeit noch nicht vollständig gesichert. Insoweit bietet – vorbehaltlich der Absicherung durch verbindliche Auskunft – nur ein umwandlungsrechtlicher Formwechsel maximale Steuersicherheit.
Rz. 683
Bei der einfachen Anwachsung scheiden alle Kommanditisten aus der KG aus, sodass das Gesellschaftsvermögen bei der Komplementär-GmbH anwächst. Sofern die Kommanditisten im gleichen Verhältnis an der Komplementär-GmbH beteiligt sind wie an der KG, müssen keine Abfindungs- oder Ausgleichszahlungen geleistet werden, da sich die Vermögenssituation der ehemaligen Kommanditisten nach ihrem Austritt nicht verändert.
Obwohl der Austritt jedes Gesellschafters eine eigene Rechtshandlung ist, wird der Austritt sämtlicher Gesellschafter häufig durch einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss zusammengefasst. Dabei wird insb. ein einheitlicher Stichtag für den Austritt der Gesellschafter festgelegt.
Rz. 684
In steuerlicher Hinsicht stellt der Austritt aller Gesellschafter ohne Zahlung einer Abfindung eine verdeckte Einlage in die Komplementär-GmbH dar. Dieser Vorgang wirkt auf Ebene der Gesellschafter gewinnrealisierend. Gleichzeitig erhöhen sich die Anschaffungskosten für die Anteile an der Komplementär-GmbH gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG.
Rz. 685
Im erweiterten Anwachsungsmodell erwirbt die Komplementär-GmbH alle Kommanditanteile im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung gegen Ausgabe von Gesellschaftsanteilen an die ehemaligen Kommanditisten. Die erweiterte Anwachsung ist komplexer als die einfache Anwachsung, da die Vorschriften über die Durchführung einer Sachkapitalerhöhung beachtet werden müssen.
Rz. 686
Die steuerliche Behandlung der erweiterten Anwachsung richtet sich nach herrschender Meinung nach § 20 UmwStG, sodass der Formwechsel bei dieser Gestaltungsvariante nach herrschender Meinung ertragsteuerneutral durchgeführt werden kann.