Rz. 13
In der Praxis wird der Erbverzicht häufig gegen Abfindung erklärt. Problematisch wird hierbei, dass der Erbverzicht als solcher ein abstraktes Rechtsgeschäft ist und nicht wie sonstige Verfügungsgeschäfte eines Verpflichtungsgeschäfts bedarf. Gleichwohl kann man natürlich einen Erbverzicht auch mit einem Kausalgeschäft verbinden. Ein solches Kausalgeschäft könnte in einem schuldrechtlichen Vertrag zu sehen sein, in dem sich der Verzichtende verpflichtet, einen Erbverzicht zu erklären, der Erblasser hingegen erklärt, eine bestimmte Verfügung von Todes wegen zu errichten.
Rz. 14
Zu beachten ist hierbei die Regelung des § 2302 BGB, wonach die Nichtigkeit eines Vertrages anzunehmen ist, durch den sich jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder nicht zu errichten. Diese Vorschrift wird indes in den Fällen nicht angewandt, in denen die Verpflichtung durch eine entsprechende Verfügung von Todes wegen zeitgleich erfüllt wird. Sie will nämlich nur die Testierfreiheit des Erblassers schützen, also verhindern, dass sich der Erblasser schuldrechtlich verpflichtet, eine entsprechende Verfügung von Todes wegen zu errichten oder nicht zu errichten. Errichtet der Erblasser diese Verfügung aber zeitgleich, wird ein solcher Schutz nicht für erforderlich gehalten. § 2302 BGB wird daher teleologisch reduziert auf die Fälle, in denen sich der Erblasser verpflichtet, in Zukunft eine entsprechende Verfügung von Todes wegen zu errichten, nicht jedoch für einen Vertrag angewandt, bei dem beides zusammenfällt.
Rz. 15
Wenn der Erbverzicht mit einer Gegenleistung des Erblassers verbunden wird, die in der Anordnung eines Vermächtnisses zugunsten des Verzichtenden besteht, ergeben sich allerdings weitere Probleme.
In einem vom Bayerischen Oberlandesgericht entschiedenen Sachverhalt, der ein entsprechendes Grundsatzurteil zur Folge hatte, hatte ein Sohn gegenüber seinem Vater einen Erbverzicht erklärt. Zeitgleich vereinbarte der Vater als Erblasser mit seinem Sohn in einem Erbvertrag, dass sein Erbe bei seinem Ableben die vorhandenen Werkzeuge und den dem Vater gehörenden Pkw an den verzichtenden Sohn vermächtnisweise herauszugeben habe. Es wurde hier eine erbvertragliche Bindung vereinbart. Im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung war der Vater 68 Jahre alt. Er hat noch viele Jahre gelebt und beispielsweise seine Pkw regelmäßig erneuert. Kurz vor seinem Tode wurde der zuletzt gefahrene Pkw an die Tochter des Erblassers übereignet. Diese behauptete, es habe eine Schenkung vorgelegen. Das in den Nachlass gefallene Werkzeug war hingegen weitestgehend wertlos.
Mit diesem Ergebnis war der verzichtende Sohn natürlich nicht einverstanden. Er vertrat in dem Verfahren die Ansicht, der von ihm erklärte Erbverzicht sei durch die Erfüllung des ihm als Gegenleistung zugewendeten Vermächtnisses aufschiebend bedingt gewesen. Hilfsweise erklärte er die Anfechtung seines Erbverzichts, weil er nur gegen Hinterlassung eines Kraftfahrzeugs auf sein Erbteil habe verzichten wollen.
Bei dieser Konstellation ist zunächst festzustellen, dass die Abfindung für einen Erbverzicht auch in einer Zuwendung von Todes wegen bestehen kann. Der Erbverzicht kann auch durch eine Bedingung mit der Leistung einer entsprechenden Abfindung verknüpft werden. Die Frage, ob eine solche Verknüpfung tatsächlich besteht, ist durch Auslegung zu klären. Dementsprechend hat das Gericht den vorliegenden Erbvertrag ausgelegt und sich der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz angeschlossen, dass die erbvertragliche Zuwendung des Vermächtnisses durch den Erblasser als Belohnung, mithin als Gegenleistung für den Erbverzicht anzusehen war.
Es war jedoch nicht festzustellen, dass die Vertragschließenden die Wirksamkeit des Erbverzichts von der Erfüllung des Vermächtnisses abhängig gemacht hätten. Hier lag das Problem. Die Beteiligten (Erblasser und verzichtender Sohn) hätten eine entsprechende Bedingung vereinbaren müssen, die sich aus dem Vertrag selbst ergeben musste. Allein die äußerliche Verbindung von Erbverzicht und Abfindungsvereinbarung reichten für die Annahme eines Bedingungsverhältnisses nicht aus. Zutreffend wurde darauf hingewiesen, dass der exakte Zeitpunkt des Todes des Erblassers natürlich nicht feststand, sodass unter Umständen auch ein völlig wertloser Pkw in den Nachlass hätte fallen können. Dass die Beteiligten im vorliegenden Falle einen Mindestwert des Vermächtnisses vor Augen gehabt hätten, ließ sich nicht feststellen.
Rz. 16
Des Weiteren wurde festgestellt, dass ein Erblasser zu Lebzeiten natürlich frei über seinen Nachlass verfügen kann. Bindet er sich in Bezug auf bestimmte Nachlassgegenstände, die dann anschließend aufgrund eigener Verfügungen des Erblassers nicht mehr im Nachlass vorhanden sind, kann das Ansprüche des Vermächtnisnehmers nach § 2288 BGB zur Folge haben. Diese Vorschrift schützt den erbvertraglich verbindlich eingesetzten Vermächtnisnehmer vor bewusst schädigenden Verfügungen des Erblassers. Das b...