Rz. 22
Eine vom Erblasser angeordnete Nacherbeneinsetzung kann im Laufe der Zeit aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr realisierbar sein. Es stellt sich die Frage, wem die Nacherbschaft dann anfällt.
Rz. 23
a) | Fällt der Nacherbe vor dem Erbfall weg, sei es durch Vorversterben oder durch einen Wegfallgrund, der zurückwirkt (Ausschlagung, Erbverzicht oder Erbunwürdigkeitserklärung), so wird die Anordnung der Nacherbfolge gegenstandslos. Die Erbschaft verbleibt, soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, dem Vorerben.[22] Für die Ausschlagung ist dies ausdrücklich in § 2142 Abs. 2 BGB geregelt.
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b) | Verstirbt der Nacherbe nach dem Erbfall und vor Eintritt des Nacherbfalls, verbleibt die Erbschaft dem Vorerben nur, wenn der Erblasser die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts (§ 2108 Abs. 2 BGB) ausgeschlossen und keine Ersatzerbfolge (§§ 2096, 2069 BGB) angeordnet hat. Dabei geht die Auslegungsregel des § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB von der Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts aus. Dementsprechend trägt derjenige, der sich auf einen Ausschluss der Vererblichkeit beruft, hierfür die Beweislast.[29] Allgemein stellt sich in dieser Fallkonstellation die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Anwartschaftsrecht des Nacherben gem. § 2108 Abs. 2 BGB und der Ersatzerbeneinsetzung nach §§ 2096, 2069 BGB. Maßgeblich ist insoweit der durch Auslegung im Einzelfall zu ermittelnde Erblasserwille. Weder der Vererblichkeitsregelung des § 2108 Abs. 2 BGB noch der Ergänzungsregel des § 2069 BGB gebührt dabei ein genereller Vorrang.[30] |
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c) | Der Vorerbe wird schließlich auch dann Vollerbe, wenn die vom Erblasser für den Eintritt des Nacherbfalls gesetzte Bedingung objektiv nicht mehr eintreten kann. |
Rz. 24
Beispiel
"Zum Nacherben bestimme ich meinen Sohn X unter der Voraussetzung, dass er die Zweite juristische Staatsprüfung erfolgreich ablegt. Der Nacherbfall tritt mit dem Bestehen der Prüfung ein."
Falls X das Examen endgültig nicht bestanden hat, wird die Nacherbeneinsetzung gegenstandslos. Sofern kein Ersatznacherbe bestimmt ist, erwirbt der Vorerbe den Nachlass als Vollerbe des Erblassers.
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