Prof. Dr. Wolfgang Burandt, Dr. Cathrin Krämer
A. Allgemeines
Rz. 1
Als vorsorgliche Maßnahme werden Vorsorgevollmachten oft viele Jahre vor Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit des Vollmachtgebers, erteilt. Da zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem aufgrund der weitreichenden Vertretungsbefugnis uneingeschränktes Vertrauen bestehen muss und sich menschliche Beziehungen mit der Zeit wandeln, kommt es häufig vor, dass Vorsorgevollmachten vom Vollmachtgeber widerrufen werden oder eingeschränkt werden sollen.
B. Widerruflichkeit
Rz. 2
Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich grundsätzlich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (§ 168 S. 1 BGB, vgl. § 13 Rdn 3 ff.). Gemäß § 168 S. 2 BGB kann eine Vollmacht aber trotz Fortbestehens des Rechtsverhältnisses jederzeit widerrufen werden. Die Regelung ist Ausfluss des Repräsentationsgedanken.
C. Unwiderruflichkeit einer Vollmacht
I. Ausschluss des Vollmachtswiderrufs
Rz. 3
Der Ausschluss eines Widerrufs ist nur in engen Grenzen möglich. Nach h.A. ist der Ausschluss der Widerruflichkeit durch einseitigen Verzicht des Vollmachtgebers nicht wirksam. Dieser muss, um Wirksamkeit zu erlangen, vertraglich zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem festgehalten werden.
Rz. 4
Aus dem Umstand, dass eine Vollmacht einem besonderen Interesse des Bevollmächtigten dient, kann deren Unwiderruflichkeit hergeleitet werden. Beispielsweise, wenn sie den Bevollmächtigten absichern soll, weil er einen Anspruch auf Vollzug eines Kausalgeschäfts (Auflassungsvollmacht) hat. Ein Widerruf aus wichtigem Grund ist aber auch bei Vorliegen einer unwiderruflichen Vollmacht immer möglich. Ob ein wichtiger Grund zum Widerruf vorliegt, ist ebenfalls nach Maßgabe des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses zu beurteilen.
II. Ausschluss des Widerrufs bei einer Vorsorgevollmacht
Rz. 5
Dient die Vollmacht bzw. der ihr zugrunde liegende Auftrag ausschließlich den Interessen des Vollmachtgebers, so ist diese als zwingend widerruflich anzusehen. So wird auch der Ausschluss des Vollmachtswiderrufs bei einer Generalvollmacht als unwirksam angesehen. Diese ist immer widerruflich und ein Ausschluss nicht wirksam, sondern sittenwidrig. Eine unwiderrufliche Generalvollmacht stellt eine unzulässige Beschränkung der Privatautonomie dar. Ist die Unwiderruflichkeit der Vollmacht unwirksam, kommt § 139 BGB zur Anwendung. Die Vollmacht ist im Zweifel wirksam erteilt, kann aber jederzeit widerrufen werden.
Rz. 6
Das Gleiche gilt für Vorsorgevollmachten, die ebenfalls nicht unwiderruflich erteilt werden können. Hierfür spricht zum einen, dass die Vorsorgevollmacht dem einseitigen Interesse des Vollmachtgebers dient, zum anderen, dass die Vorsorgevollmacht regelmäßig eine Generalvollmacht beinhaltet.
D. Einschränkung des Widerrufsrechts zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem
Rz. 7
Neben der Frage der Unwiderruflichkeit der Vollmacht stellt sich die Frage, ob sich eine Vorsorgevollmacht zumindest wirksam einschränken lässt. Denkbar sind bspw. die Vereinbarung einer bestimmten Widerrufsfrist oder eines Formerfordernisses. Zu Recht werden Beschränkungen der Vorsorgevollmacht in der Literatur aber kritisch gesehen. Solche Beschränkungen könnten als "Teilausschluss des Widerrufrechts" gewertet werden, mit der Folge, dass sie gegen § 138 BGB verstoßen und damit unwirksam sind. Der Schutz des Vollmachtgebers bei einer Vorsorgevollmacht gebietet es, Beschränkungen der Widerruflichkeit einer derart weitreichenden Vollmacht nicht zuzulassen.
Rz. 8
Praxistipp
Besteht die Befürchtung, dass der Vollmachtgeber in psychotischen Phasen die Vollmacht widerruft und sollen deshalb die Widerrufsmöglichkeiten beschränkt werden, sollte von der Erteilung einer Vorsorgevollmacht abgesehen werden und stattdessen über eine Betreuung i.S.d. §§ 1896 ff. BGB nachgedacht werden. Letztlich geht es in diesen Fällen um die Frage de...