a) Typische Betriebsaufspaltung zu einer Betriebs-GmbH
aa) Umqualifizierung von Einkünften und steuerliche Verstrickung
(1) Formen von Besitzgesellschaften
Rz. 178
Bei der typischen Betriebsaufspaltung bildet das Besitzunternehmen entweder der Alleingesellschafter der Betriebskapitalgesellschaft oder eine Besitz-Mitunternehmerschaft durch beherrschende Personengruppe.
(2) Umqualifizierung von Einkünften und Verstrickung
Rz. 179
Wichtigste Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung ist die Umqualifizierung von Vermietungs- und Verpachtungseinkünften der Besitzgesellschaft oder des Besitz-Einzelunternehmens in Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG, was auch zu deren Belastung mit Gewerbesteuer führt. Damit verbunden ist die Verstrickung der überlassenen Wirtschaftsgüter und der Anteile an der Betriebs-GmbH als notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens im Wege einer Einlage. Ist das Besitzunternehmen eine Mitunternehmerschaft, indizieren die gewerblichen Pachtzinsen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG alle Einkünfte des Besitzunternehmens. Für die Problematik von Nur-Besitzgesellschaftern wird auf die Ausführungen zur mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung verwiesen, die hier sinngemäß gelten (vgl. unten Rdn 203 ff.).
(3) Abfärbung
Rz. 180
Alle Einkünfte einer Besitzpersonengesellschaft werden aufgrund der Abfärbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, die als laufende Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen. Dies gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 EStG rückwirkend in allen offenen Fällen auch, wenn im gemischt tätigen Besitzunternehmen für den Bereich der Nutzungsüberlassung an die Betriebs-GmbH negative Einkünfte erzielt werden.
bb) Gewinnermittlung und Bilanzierung
(1) Getrennte Betriebe
Rz. 181
Einkommensteuerlich und gewerbesteuerlich sind Besitz- und Betriebsunternehmen als zwei selbstständige Gewerbebetriebe anzusehen, die eigenständig bilanzieren und im Grundsatz keine korrespondierenden Wertansätze in der Handels- und Steuerbilanz haben müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Trennungstheorie hat durch die Rspr.-Änderung zur Merkmalsübertragung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c) GewStG gewerbesteuerlich eine Einschränkung erfahren (vgl. oben Rdn 8). Im Falle einer Betriebsaufspaltung können sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen Investitionsabzugsbeträge beanspruchen; dabei sind das Besitz- und das Betriebsunternehmen bei der Prüfung der Betriebsgrößenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG getrennt zu beurteilen (Tz. 1, 19 des BMF-Schreibens vom 15.6.2022, BStBl I 2022, 945, Tz. 15). Die gem. § 7g Abs. 4 EStG notwendige Verbleibensvoraussetzung ist bei einer wegen sachlicher und personeller Verflechtung bestehenden Betriebsaufspaltung trotz der Nutzungsüberlassung an das Betriebsunternehmen erfüllt. Das gilt jedoch nicht, wenn die personelle Verflechtung zwischen dem Besitz- und Betriebsunternehmen ausschließlich auf einer tatsächlichen Beherrschung beruht (Tz. 38 des BMF-Schreibens, a.a.O.).
(2) Bilanzierungspflicht und Einkünfteermittlung
Rz. 182
Die Bilanzierungspflicht beim Besitzunternehmen richtet sich zunächst nach der zivilrechtlichen Vorfrage, ob der als Besitzunternehmen fungierende Rechtsträger als Einzelkaufmann oder Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) im Handelsregister eingetragen ist. Ist dies der Fall, so bleiben seit der Handelsrechtsreform zum 1.7.1998 nach § 105 Abs. 2 HGB auch rein vermögensverwaltende Personengesellschaften Handelsgesellschaften i.S.d. HGB, die als Kaufleute zur handelsrechtlichen Bilanzierung verpflichtet sind (§ 238 HGB). Eine handelsrechtliche Bilanzierungspflicht zieht nach § 140 AO auch eine steuerliche Bilanzierungspflicht und damit Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 Abs. 1 EStG nach sich. Nur bei Überschreiten der Grenzen kann nach § 141 AO eine Aufforderung zur Gewinnermittlung nach § 4 oder § 5 Abs. 1 EStG erfolgen.
Erfolgt keine Aufforderung, ist streitig, ob die Einkünfte des Besitzunternehmens nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt werden dürfen. Die Finanzverwaltung verlangt auch dann die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich. Besitz- und Betriebsgesellschaft können voneinander abweichende Wirtschaftsjahre wählen, um Steuerstundungseffekte zu gestalten. Zu beachten ist jedoch auch bei der Ermittlung der Einkünfte...