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Problematisch ist die Einordnung der klassischen Betriebsaufspaltung zwischen einem Besitzeinzelunternehmen und einer beherrschten Betriebsgesellschaft. Nach den gesetzlichen Konzernvoraussetzungen i.V.m. § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG liegt im Fall des HGB als anzuwendendem Rechnungslegungsstandard gem. § 4h Abs. 2 Satz 8 EStG kein Konzern vor. Nach dem HGB kann eine natürliche Person nicht Konzernspitze sein.
Fraglich ist, ob nach dem erweiterten Konzernbegriff ein Konzern vorliegt: Nach § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG i.V.m. IAS 27 kann eine natürliche Person auch Konzernspitze für ein Tochterunternehmen sein, wenn ein Beherrschungsverhältnis gegeben ist. Die Aussagen in Tz. 63 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 sind unklar. Betriebsaufspaltungsfälle werden einerseits aus dem Konzernbegriff ausgenommen, wenn das Besitzunternehmen ohne das Kriterium der sachlichen und persönlichen Verflechtung nicht gewerblich (also weder gewerblich tätig noch gewerblich geprägt) wäre. An anderer Stelle lässt die Regierungsbegründung die gleichzeitige Beherrschung eines Einzelunternehmens und einer GmbH genügen. Im Ergebnis lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut die Nichtanwendung der Zinsschranke auf ein Besitzeinzelunternehmen schwer rechtfertigen. Es lässt sich allenfalls vertreten, dass das Einzel-Besitzunternehmen für Zwecke der Zinsschranke nicht als Betrieb i.S.d. § 4h EStG angesehen werden könnte.
Indessen hat die Aussage, dass bei Besitzunternehmen kein Betrieb vorliegt, keinen Niederschlag gefunden, denn der Begriff "Betrieb" nach § 4h Abs. 1 EStG entspricht dem des § 15 Abs. 2 EStG und muss auch auf ein Besitzeinzelunternehmen angewendet werden. Zudem sieht die ständige Rspr. in der Nutzungsüberlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage zumindest auch ein Beherrschungsinstrument. Die Finanz- und Geschäftspolitik kann also sowohl durch die Stimmrechte aus der Beteiligung als auch das Nutzungsverhältnis bestimmt werden.
Die intendierte Nichtanwendung des Konzernbegriffs auf die Betriebsaufspaltung gilt nicht (!) in der rechtlich sinnvollen Sachverhaltsgestaltung, dass statt eines Besitzeinzelunternehmens eine Ein-Mann-Besitz-GmbH & Co. KG als Besitzunternehmen installiert wird, welche dann an die Betriebs-GmbH die wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlässt. Hier kommt die Ausnahme nur dann in Betracht, wenn in der Besitz-GmbH & Co. KG die gewerbliche Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) dadurch vermieden würde, dass der alleinige Kommanditist zugleich zum Geschäftsführer der KG bestellt wird. Die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens wäre dann ausschließlich auf die persönliche und sachliche Verflechtung zurückzuführen. Die Tatsache, dass in diesem Fall der Mehrheitsgesellschafter sowohl die "Betriebe" Komplementär-GmbH, die KG und die Betriebs-GmbH beherrscht und schon aus diesem Grund wieder ein Konzern vorliegen könnte, wird durch Tz. 66 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 vermieden. Nach dieser Regelung gelten die KG und die Komplementär-GmbH als ein "Betrieb", wenn weder die KG noch die Komplementär-GmbH anderweitig konzerngebunden sind und die Komplementär-GmbH ausschließlich mit der Geschäftsführung und Haftungsübernahme in der KG betraut ist. Die beschriebene Gestaltung ist in Betriebsaufspaltungsfällen sehr zu empfehlen, weil dadurch das Risiko gemindert wird, dass mit dem unerwarteten Tod des Besitzeinzelunternehmers eine Aufdeckung aller stillen Reserven des Besitzunternehmens eintreten kann.