Rz. 21

Gemeinhin wird – bezogen auf den Bildungszeitpunkt – unterschieden zwischen der sog. "echten" Betriebsaufspaltung und der "unechten" Betriebsaufspaltung:

Eine echte Betriebsaufspaltung liegt nach dieser Definition vor, wenn aus einem bestehenden Unternehmen eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft "durch Aufspaltung" gebildet werden. Häufig wird das Betriebsunternehmen hierfür erst neu gegründet. Es werden vom Besitzunternehmen entweder der gesamte Betrieb verpachtet oder die wesentlichen Teile des Anlagevermögens im Eigentum des Besitzunternehmens zurückbehalten und an die Betriebsgesellschaft vermietet oder verpachtet. Kennzeichnend ist auch, dass es sich um eine planvolle Aufspaltung des zuvor einheitlich geführten Unternehmens handelt.
Die Definition der unechten Betriebsaufspaltung knüpft daran an, dass das Betriebsunternehmen aktiv am Markt tätig ist und das Besitzunternehmen entweder gar nicht besteht oder es zwar existiert, aber die persönliche und die sachliche Verflechtung erst nachträglich eintreten. Hierbei handelt es sich in der Praxis sowohl um Fälle der nicht erkannten Betriebsaufspaltung, wenn z.B. wertvoller Grundbesitz einer Betriebsgesellschaft von deren Gesellschaftern zur Nutzung überlassen wird und um Fälle bewusst gestalteter Betriebsaufspaltungen (vgl. etwa zur unechten Betriebsaufspaltung zu einer vermögensverwaltend tätigen "Betriebs-GmbH"[27]).
 

Rz. 22

Die Unterscheidung zwischen der "echten" und der "unechten" Betriebsaufspaltung ist auf die historische Entwicklung der Rspr. zurückzuführen. Die Rspr. des RFH hatte die Besitz- und Betriebsgesellschaft nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch als "quasi" rechtliche Einheit betrachtet. Der Aufspaltungsakt eines zuvor einheitlichen Unternehmens in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft wurde als Fortführung des bisherigen Engagements in anderer Form und somit als Vorgang innerhalb eines Betriebs angesehen (sog. Restbetriebsgedanke).[28] Dies brachte dem Steuerpflichtigen zwar Nachteile bei der späteren Behandlung der Vermietungseinkünfte der Besitzgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, dieses Verständnis erlaubte es aber auch, Gewinnrealisierungen im Zusammenhang mit dem Aufspaltungsvorgang zu vermeiden.[29] Erstmals 1959 hat der BFH auch die Fälle, in denen einem bestehenden operativen Unternehmen nachträglich eine einzige wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen wurde, aus Gleichbehandlungsgründen der Betriebsaufspaltungs-Rspr. unterworfen.[30] In der heutigen Rspr. werden die echte und die unechte Betriebsaufspaltung nach wie vor gleich behandelt.

[28] Vgl. Kessler, Typologie, S. 58 zum Restbetriebsvermögen in anderem Zusammenhang BFH, BFH/NV 2013, 650.
[29] Vgl. Kessler, Typologie, S. 59, der darauf hinweist, dass das heute bekannte Wahlrecht zwischen aufgeschobener und Sofortversteuerung bei der Betriebsverpachtung noch nicht entwickelt worden war.
[30] Vgl. Söffing/Micker, Betriebsaufspaltung, Rn 57.

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