Rz. 29
Für die Durchsetzung des Willens sind grds. die Stimmrechte der einzelnen Gesellschafter in Bezug auf die Angelegenheiten des täglichen Lebens entscheidend. Diese bestimmen sich nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen, sodass die Einsichtnahme in die Gesellschaftsverträge erforderlich ist. Werden keine vertraglichen Vereinbarungen über das Stimmrecht im jeweiligen Unternehmen getroffen, sind die gesetzlichen Vorschriften maßgebend (z.B. § 709 BGB, §§ 119, 161 HGB, § 133 AktG, § 47 GmbHG).
Bei Vorliegen sog. Stimmrechtsbindungsverträge ist das Stimmrecht des weisungsgebundenen Gesellschafters dem Weisungsberechtigten zuzurechnen. Ein Stimmrechtsausschluss der Gesellschafter, die sowohl an dem Besitzunternehmen als auch am Betriebsunternehmen beteiligt sind, bei Vornahme von Rechtsgeschäften zwischen diesen beiden Unternehmen steht einer personellen Verflechtung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn dieser von den Gesellschaftern nicht praktiziert wird.
Bei den vertikalen Betriebsaufspaltungen (Einheitsbetriebsaufspaltungen), in denen die Anteile der Betriebsgesellschaft sich im Eigentum eines Einzelunternehmers oder einer Personengesellschaft befinden, ist das Erfordernis der persönlichen Verflechtung jeweils unproblematisch erfüllt.
(1) Überlassende Personenmehrheiten
Rz. 30
Bei den überlassenden Personenmehrheiten ist die Konstellation gegeben, dass mehrere Gesellschafter sowohl Rechtsträger des Besitz- als auch des Betriebsunternehmens sind. Das Besitz- und das Betriebsunternehmen sind jedoch untereinander nicht gesellschaftsrechtlich verflochten.
(2) Beteiligungsidentität im Besitz- und Betriebsunternehmen
Rz. 31
Am deutlichsten tritt der einheitliche geschäftliche Betätigungswille hervor, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind. In diesen Fällen der Beteiligungsidentität nimmt die Rspr. an, dass die Gesellschafter aufgrund gleichgerichteter Interessen gemeinsam eine "Doppelgesellschaft" errichtet haben und vermutet einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der Gesellschafter.
(3) Beherrschungsidentität bei fehlender Beteiligungsidentität
Rz. 32
Sind die Beteiligungsverhältnisse in beiden Gesellschaften nicht identisch und/oder weitere Gesellschafter jeweils nur am Besitz- oder Betriebsunternehmen beteiligt, ist eine personelle Verflechtung auch dann anzunehmen, wenn eine durch gleichgerichtete Interessen verbundene Personengruppe ihren Willen in beiden Unternehmen durchsetzen kann. Gleichgerichtete Interessen werden von der Rspr. stets widerlegbar vermutet, da die beteiligten Personen sich nach der Auffassung der Rspr. bewusst zur Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks, der Errichtung einer Doppelgesellschaft, zusammengeschlossen haben.
Diese tatsächliche Vermutung muss vom Steuerpflichtigen widerlegt werden. Auch hier ist die Rspr. sehr restriktiv, was den Entlastungsnachweis angeht. Interessenkollisionen stehen der Vermutung nur entgegen, sofern sie aufgrund der Gestaltung der Verträge und der bestehenden wirtschaftlichen Interessenlagen nicht nur denkbar, sondern ihr tatsächliches Vorhandensein durch konkrete Tatsachen nachgewiesen wird. Hat die mehrheitlich an einer Betriebsgesellschaft beteiligte Kommanditistin einer Besitzgesellschaft aufgrund der ihr als Treuhänderin gegenüber Treugebern obliegenden Treuepflicht in der Gesellschafterversammlung der Besitz-KG ihre eigenen Interessen überwiegend den Interessen der Treugeber unterzuordnen, so scheidet mangels einer gleichgerichteten Interessenlage die Annahme einer personellen Verflechtung aus.
Rz. 33
Ausnahmsweise können extrem konträre Beteiligungsverhältnisse, d.h. wenn mehrere Personen für sich an dem einen Unternehmen mit weniger als 50 %, am anderen Unternehmen mit mehr als 50 % beteiligt sind, der Annahme gleichgerichteter Interessen in der Personengruppe entgegenstehen, sofern die ungleiche Verteilung der Anteile auch zur Folge hat, dass der eine Beteiligte das Besitzunternehmen und der andere Beteiligte das Betriebsunternehmen jeweils allein beherrschen kann.